Entscheidungsstichwort (Thema)
Abtrennung vom Verbundurteil; Inhalt der Auskunftspflicht nach § 1379 Abs. 1 BGB
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Hinblick auf den gemäß §§ 623, 629 ZPO a.F. aufrecht zu erhaltenden Verfahrensverbund zwischen Scheidungs- und Folgesachen ist ein Verbundurteil ungeachtet dessen, dass es bezüglich des Scheidungsausspruchs und der Folgesache Versorgungsausgleich nicht angefochten ist, auch insoweit aufzuheben, als es nicht angefochten wurde.
2. Die erst zum 01.09.2009 in Kraft getretene Fassung des § 1379 BGB ist auch auf vor dem 01.09.2009 eingeleitete Auskunftsverfahren unmittelbar anzuwenden, da insoweit eine Übergangsregelung nicht besteht.
3. Der Auskunftsanspruch aus § 1379 BGB umfasst die Information über jegliches Vermögen, sofern es Bedeutung hat im Hinblick auf die Berechnung Anfangs- und Endvermögen. Die Auskunftspflicht erstreckt sich auch auf den Zeitpunkt der Trennung und auf illoyale Vermögensminderungen als Berechnungselemente des Anfangs- bzw. Endvermögens.
Normenkette
BGB § 1379 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 1375 Abs. 2 Nr. 3; ZPO § 623 a.F., § 629 a.F.
Verfahrensgang
AG Strausberg (Urteil vom 10.11.2009) |
Tenor
Auf die Berufungen der Antragsgegnerin wird das Teil- und Schlussurteil des AG Strausberg vom 10.11.2009 abgeändert und die Versäumnisentscheidung im Teilversäumnis- und Teilschlussurteil des AG Strausberg vom 17.3.2009 aufgehoben.
Der Antragsteller wird verurteilt, der Antragsgegnerin Auskunft zu erteilen
a) über den Verbleib der Wertpapiere auf dem Depot des Antragstellers bei der ... Bank zur Depot-Nr. 2604481655901, die Verwendung des erzielten Erlöses und den Zeitpunkt der Verwendung, gegebenenfalls den Zeitpunkt der Auflösung des Depots,
b) über den Verbleib der bei der D. Bank zu der Depot-Nr. 199302712 für Investmentfonds gelagerten Wertpapiere und über die Verwendung des erzielten Erlöses,
und zwar durch Vorlage einer geordneten Aufstellung über von ihm
zu a) zwischen dem 8.3.2003 und dem 13.12.2004 und
zu b) zwischen dem 6.5.2003 und dem 13.12.2004
vorgenommene Verfügungen, aus denen der Kauf oder Verkauf der jeweiligen Wertpapiere mit deren Stückzahl, Namen und Wert am Kauf- oder Verkaufstag zu entnehmen ist,
c) über den Verbleib und über die Verwendung der beiden vor dem Stichtag am 13.12.2004 vereinnahmten Raten aus dem Verkauf seines Gesellschaftsanteils am Ärztehaus i.H.v. jeweils 14.937,33 EUR.
Der Antragsteller wird ferner verurteilt, der Antragsgegnerin über sein Vermögen im Zeitpunkt der Trennung am 1.9.2003 Auskunft zu erteilen und dazu unter ihrer Hinzuziehung über sein Vermögen zu diesem Zeitpunkt eine systematische Aufstellung, die alle Aktiva und Passiva enthält, zu erstellen sowie folgende Belege für den Stichtag 1.9.2003 vorzulegen:
- einen Kontoauszug für sein Girokonto bei der Sparkasse ... zur Nr. 4910308046 und sein Sparkonto bei der Sparkasse ... zur Nr. 6110671949,
- einen Auszug für das Aktiendepot der Sparkasse zur Nr. 6786 und für das D.-Depotkonto Nr. 199302712,
- die Jahressteuerbescheinigung der D. Investmentfonds für 2003 für das Depot-Nr. 199302712 sowie die Jahressteuerbescheinigung für 2003 für das Depot bei der ... Bank,
Darüber hinaus wird der Antragsteller verurteilt, sein Anfangsvermögensverzeichnis im Schreiben von Rechtsanwalt ... vom 5.2.2007
- hinsichtlich des Pkw und des Anteils am Ärztehaus um die wertbildenden Faktoren zu ergänzen,
- hinsichtlich des Barvermögens die Kontonummern der Depots, die Anzahl der Fonds und deren Kurswert zum Stichtag der Eheschließung (4.6.1992) sowie die Anzahl der Bundesschatzbriefe und deren Wert anzugeben,
- die Kontoauszüge über seinen Kontokorrentkredit bei der Kreissparkasse S. zur Nr. 36080237 und den Kreditvertrag über 54.000 DM, sowie Belege über die Anzahl und Werthaltigkeit der in seinem Anfangsvermögen angegebenen D.-Fondsanteile und der Investmentfondsanteile vorzulegen.
Der weitergehende Antrag der Antragsgegnerin auf Vorlage von Belegen wird zurückgewiesen.
Im Übrigen werden das weitergehende Teilversäumnis- und Teilschlussurteil des AG Strausberg vom 17.3.2009 sowie das Teil- und Schlussurteil des AG Strausberg vom 10.11.2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung im Verbund an das AG Strausberg zurückverwiesen, das auch über die Kosten der Berufung zu entscheiden hat.
Das Urteil ist, soweit der Antragsteller zur Erteilung von Auskünften und Vorlage von Belegen verurteilt wird, vorläufig vollstreckbar.
Der Berufungswert beträgt 32.757 EUR, davon entfallen 6.503 EUR auf die Scheidung, 10.254 EUR auf die Folgesache über den Unterhalt, 15.000 EUR auf die Folgesache über den Zugewinnausgleich und 1.000 EUR auf die Folgesache über den Versorgungsausgleich.
Gründe
I. Der Antragsteller, geboren am ... 5.1936, und die Antragsgegnerin, geboren am ... 12.1939, haben am 4.6.1992 geheiratet. Sie leben seit dem Spätsommer 2003 voneinander getrennt.
Durch Schriftsatz vom 3.8.2004, der Antragsgegnerin zugestellt am 13.12.2004, hat der Antragsteller das Scheidungsverfahren eingeleitet. Beid...