Leitsatz (amtlich)
1. Voraussetzung für die Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufs ist ein Nacherfüllungsverlangen mit der konkreten Aufforderung, bestimmte noch offene Mängel zu beseitigen. Die Äußerung des später nicht bestätigten Verdachts eines Unfallschadens und die Aufforderung, die Vorgeschichte des Fahrzeugs offen zu legen, genügt diesen Anforderungen nicht.
2. Bestreitet der Autohändler im Prozess die vom Käufer behaupteten Mängel und deren Erheblichkeit, begründet dies nicht die Annahme einer endgültigen Erfüllungsverweigerung, die eine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung entbehrlich machen würde.
3. Ist das verkaufte Fahrzeug, ohne dass ein Unfallschaden vorgelegen hätte, vor dem Verkauf neu lackiert worden und weist die Neulackierung Mängel in der Weise auf, dass bei extremen Lichtverhältnisse Hologramme auf dem Lack erscheinen, begründet dies kein Rücktrittsrecht des Käufers, wenn die Mangelbeseitigungskosten geringfügig sind.
Normenkette
BGB § 323 Abs. 1, 5, § 439 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 12.10.2007; Aktenzeichen 11 O 342/06) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 12.10.2007 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Frankfurt/O. - Az. 11 O 342/06 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen Gebrauchtwagen.
Wegen der Feststellungen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Ergänzend ist anzuführen, dass die Klägerin sich mit Schreiben vom 8.9.2004 an die Beklagte wandte und u.a. ausführte:
"... wir fordern Sie letztmalig auf, uns die Vorgeschichte des von Ihnen an uns verkauften Pkw C 180 TK Classic (...) offen zu legen. Da das Fahrzeug in der Zeit vom 1.7.2004 bis zum heutigen Tag schon mehrere Nachbesserungen erfahren hat und weitere Nachbesserungen notwendig sind, ist zu vermuten, dass Ihre Beteuerung "Das Fahrzeug hat nichts!" unrichtig ist. (...) Es ist auch zu vermuten, dass dieses Fahrzeug Vorschäden hatte, welche durch die jetzigen Probleme zu Tage treten. (...)
Ihre Antwort erwarten wir innerhalb einer Woche einschließlich Postweg. Fristbeginn: 9.9.2004. Sollten Sie sich weigern, oder uns weitere Geschichten anbieten, sehen wir uns gezwungen alle Unterlagen dem Rechtsanwalt zu übergeben, oder öffentlich zu machen. Unser vorrangiges Anliegen ist eine gütliche Einigung."
Mit Anwaltsschriftsatz vom 30.11.2004 beantragte die Klägerin beim LG Frankfurt/O. die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens (Az. 11 OH 10/04). Der gerichtlich beauftragte Sachverständige erstattete am 15.3.2004 sein Gutachten und ergänzte es am 8.2.2006. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gutachten in der Beiakte Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe die im selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel ggü. der Beklagten nicht ordnungsgemäß gem. § 439 BGB gerügt. Das notwendige Nacherfüllungsverlangen sei im Schreiben vom 8.9.2004 nicht enthalten, denn die geltend gemachten Mängel würden in dem Schreiben nicht erwähnt.
Das Nachbesserungsverlangen sei auch nicht entbehrlich gewesen. Eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung liege nicht vor. Dagegen sprächen insbesondere die Schreiben vom 16. und 30.9.2004, in denen die Beklagte eine Nachbesserung angeboten habe.
Letztlich scheitere eine Rückabwicklung des Kaufvertrags an § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB, da die Pflichtverletzung als unerheblich einzustufen sei. Die Erheblichkeit sei in der Regel zu bejahen, wenn die Beseitigungskosten mindestens 10 % der vereinbarten Gegenleistung ausmachten. Dieser Wert sei hier nicht erreicht. Der Sachverständige habe Kosten i.H.v. insgesamt 2.256,19 EUR ermittelt, dies seien 9 % des Kaufpreises.
Die Erheblichkeit der Pflichtverletzung folge auch nicht aus der optischen Beeinträchtigung des Lackes. Zum einen könne nicht ausgeschlossen werden, dass Hologramme durch Waschanlagen entstünden, zum anderen sei eine komplette Neulackierung nicht geschuldet, da sie völlig unangemessen sei. Denn die Hologramme seien nach Aussage des Sachverständigen lediglich durch eine unsachgemäße Politur entstanden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiter verfolgt.
Die Klägerin macht - unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag - insbesondere geltend:
Entgegen der Ansicht des LG liege ein ausreichendes Nacherfüllungsverlangen vor. Allein aus dem Reklamationsprotokoll vom 23.8.2004 werde schon deutlich, dass mehrfach Mängel gerügt und Abhilfe verlangt worden sei. Dies sei auch versehen mit einer entsprechenden letzt...