Tenor

Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das am 12.05.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Cottbus - Az. 1 O 56/21- teilweise abgeändert und der Verfügungsbeklagte weitergehend verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, mit Mandanten Vergütungsvereinbarungen zu schließen, durch die diese für den Fall der PKH-Bewilligung verpflichtet werden, zusätzlich zu den aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren nach §§ 44 ff. RVG an ihn (Abschlags-)Zahlungen zu leisten, so wie es mit Abschluss der Vergütungsvereinbarung vom 23.11.2020 geschehen ist (Anlage AS 1 zur Antragsschrift).

Die Berufung des Verfügungsbeklagten wird zurückgewiesen.

Der Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

 

Gründe

I. Die Parteien sind in ... zugelassene Rechtsanwälte. Der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) begehrt von dem Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagter) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, mit zwei gesonderten Anträgen sowohl die Geltendmachung als auch die Vereinbarung von Vergütungsforderungen gegenüber Mandanten zu unterlassen, durch die diese für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgefordert respektive verpflichtet werden, an ihn entgegen §§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, 45 Abs. 1, 49 RVG zusätzlich (Abschlags-)Zahlungen zu der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung in Höhe der Differenz zur Wahlanwaltsvergütung (§ 13 RVG) zu leisten.

Am 23.11.2020 schloss der Verfügungsbeklagte mit seiner damaligen Mandantin Frau ... eine "Vergütungsvereinbarung". Darin heißt es auszugsweise:

"I Vergütung

Die Auftraggeberin schuldet dem Rechtsanwalt gemäß § 49b BRAO mindestens die gesetzliche Vergütung.

Der Rechtsanwalt erhält für die Vertretung im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Cottbus wegen Kündigung eine Abschlagszahlung in Höhe von insgesamt 252,30 EUR. Dieser Berechnung liegt ein Gegenstandswert von 6.000,00 EUR zu Grunde. Sollte durch das Gericht ein anderer Gegenstandswert festgelegt werden, ist eine Neuberechnung erforderlich.

Diese Abschlagszahlung wird bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühr durch die im Rahmen der Prozess-/Verfahrenskostenhilfe aus der Landeskasse geleisteten Zahlungen ergänzt. (...) Die Summe von Abschlagszahlung und die [sic] von der Landeskasse geleisteten Zahlung entsprechen der gesetzlichen Mindestgebühr." (Anlage AS1, Bl. 5 d.A.).

Am 25.11.2020 fertigte der Beklagte eine Klageschrift mit einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und reichte diese bei dem Arbeitsgericht Cottbus ein. Mit Schriftsatz vom 02.12.2020 erweiterte der Beklagte die Klage um den Betrag eines Monatsgehalts in Höhe von 2.000 EUR. Der Rechtsstreit endete in mündlicher Verhandlung vom 17.12.2020 mit einem Vergleich (vgl. Anlage AS3, Bl. 10 f. d.A.). Mit Beschluss vom 07.01.2021 gewährte das Arbeitsgericht der Mandantin des Beklagten unter dessen Beiordnung antragsgemäß Prozesskostenhilfe mit Rückwirkung zum 25.11.2020 (Anlage AS4, Bl. 12 d.A.). Mit Schreiben vom 26.01.2021 überreichte der Beklagte seiner Mandantin eine Neuberechnung der Anwaltsvergütung unter Verweis auf den nach Klageerweiterung auf 8.000 EUR erhöhten Gegenstandswert (Anlage AS5, Bl. 13 f. d.A.).

Das Landgericht hat, gestützt auf §§ 8 Abs. 1, Abs. 3, 2 Nr. 1, 3a UWG i.V.m. §§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, 352 Abs. 1 StGB, dem ersten Verfügungsantrag stattgegeben, dem Beklagten zu untersagen, gegenüber einem ihm im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Mandanten eine zuvor vereinbarte Wahlanwaltsvergütung geltend zu machen. Ein Wettbewerbsverhältnis der Parteien im Sinne von §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG und eine Wiederholungsgefahr für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG seien gegeben. Der Beklagte habe als beigeordneter Rechtsanwalt mit seiner Vergütungsforderung vom 26.01.2021 gegenüber seiner Mandantin auch eine wettbewerbswidrige geschäftliche Handlung im Sinne von § 3a UWG vorgenommen. Die Berechnung höherer als der gesetzlich zulässigen Gebühren verstoße gegen die Marktverhaltensregelung des § 352 Abs. 1 StGB. Eine solche Gebührenüberhebung liege nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann vor, wenn ein im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneter Rechtsanwalt gegen seinen Mandanten - wie im Streitfall - die Differenz zur Wahlanwaltsvergütung auf Grundlage einer Vergütungsvereinbarung geltend mache, denn die gesetzliche Regelung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ordne insoweit eine Durchsetzungssperre an.

Den mit dem zweiten Verfügungsantrag geltend gemachten Verstoß des Beklagten gegen § 3a UWG i.V.m. § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG (a.F.) hat das Landgericht verneint, weil sich der Beklagte mit der vor Prozesskostenhilfebewilligung geschlossenen Vergütungsvereinbarung noch keine unzulässig überhöhte Vergütung habe versprechen lassen. Die vereinbarte Vergütung für einen Wahlan...

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