Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 10.06.2015) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Potsdam vom 10.06.2015 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der Kläger aufgrund der Rückbürgschaft für die Kredite der H. GmbH in R. Ansprüche gegen die Beklagten wie folgt hatte:
a) am 08.01.2007 (Aufrechnungserklärung USt 11/2006) in Höhe von mindestens 20.016,79 EUR, die mit Ablauf des 30.11.2006 (Entstehung Vergütungsanspruch USt 11/2006) noch nicht verjährt waren,
b) am 05.12.2007 (Aufrechnungserklärung EST 2005) in Höhe von mindestens 1.998,39 EUR, die zum Zeitpunkt der Zahlung der Beklagten infolge des Bescheides vom 19.07.2007 (zwischen dem 19.07.2007 und dem 30.11.2007) noch nicht verjährt waren.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen haben die Beklagten zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.
Gründe
I. Das klagende Land nimmt die Beklagten als Bürgen für Darlehensverbindlichkeiten der H. GmbH in Anspruch und begehrt die Feststellung, dass es mit seinen Forderungen gegen die Beklagten gegen deren Steuererstattungsforderungen habe aufrechnen können.
Die...bank AG gewährte der H. GmbH (im Folgenden: Hauptschuldnerin) am 03.08.1998 einen Barkredit über 900.000,00 DM sowie einen Avalkredit in Höhe von 600.000,00 DM. Die Verbindlichkeiten aus diesen Darlehensverträgen wurden gesichert einerseits durch (Regel-)bürgschaften der Beklagten und andererseits jeweils durch eine 80%ige Ausfallbürgschaft der Bürgschaftsbank... GmbH (im Folgenden: Bürgschaftsbank). Diese wiederum war gesichert durch Globalrückbürgschaften des klagenden Landes in Höhe von 32 % sowie der Bundesrepublik Deutschland in Höhe von 48 %, wobei die Verwaltung (auch) des Bürgschaftsengagements der Bundesrepublik Deutschland durch das klagende Land erfolgte.
Nachdem die H. GmbH im Juli 1999 zahlungsunfähig wurde, kündigte die...bank mit Schreiben vom 05.07.1999 die Geschäftsverbindung. Am 01.10.1999 wurde über das Vermögen der H. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet; die...bank meldete Forderungen in Höhe von insgesamt 983.206,31 DM zur Tabelle an, welche in voller Höhe festgestellt wurden.
Am 19.10.1999 sowie am 15.03.2000 zahlte die Bürgschaftsbank unter dem Vorbehalt "einer endgültigen Prüfung des Ausfalls und einer Rückzahlungsverpflichtung auf erstes Anfordern" an die...bank einen Betrag von insgesamt 791.622,22 DM. Das klagende Land und die Bundesrepublik Deutschland erbrachten aus der Rückbürgschaftsverpflichtung an die Bürgschaftsbank eine Leistung in Höhe von 633.303,38 DM.
Mit gleichlautenden Schreiben vom 11.10.1999 und 18.04.2000 bestätigte die Bürgschaftsbank gegenüber dem klagenden Land die Zahlungen durch Bund und Land und erklärte weiter: "Die nach § 774 Abs. 1 BGB auf uns übergegangenen Ansprüche treten wir hiermit in Höhe Ihrer Zahlung an Sie ab. Die Regressansprüche werden wir gemäß der Rückbürgschaftserklärung treuhänderisch für Sie weiterverfolgen."
In der Folgezeit, erstmals im Februar 2000 bis Februar 2005, rechnete das für die Beklagten zuständige Finanzamt mehrfach und in einem Umfang von insgesamt rund 102.000,- EUR mit den Forderungen aus der Bürgschaft gegen Steuererstattungsforderungen der Beklagten auf, was diese nicht beanstandeten.
Am 10.11.2004 beantragte die...bank AG gegen die Beklagten den Erlass von Mahnbescheiden in Bezug auf Teilbeträge in Höhe von je 125.000,00 EUR, was sie den Beklagten zuvor, begründet mit dem drohenden Eintritt der Verjährung, angekündigt hatte.
Im Zeitraum vom 19.11.2004 bis zum 28.02.2006 führte die...bank mit den Beklagten - letztlich erfolglos - Vergleichsverhandlungen; wegen der Einzelheiten des Inhalts dieser Verhandlungen wird auf die Darstellung in der Klageerwiderung der Beklagten vom 28.10.2014 (Bl. 65 f. d.A.) Bezug genommen.
Im April/Mai 2006 leitete die...bank AG gegen die Beklagten das Klageverfahren ein, allerdings beschränkt auf Teilforderungen von je 100.000,00 EUR. Das Verfahren wurde unter dem Az.: 8 O 377/06 vor dem LG Potsdam geführt, das die Beklagten antragsgemäß verurteilte. Am 16.01.2008 schlossen die Beklagten mit der...bank AG vor dem 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts zum Az. 3 U 72/07 einen Vergleich, wonach sich die Beklagten zu einer Zahlung von 80.000,00 EUR verpflichteten.
Bereits vor Beendigung des vorgenannten Rechtsstreits, nämlich am 08.01.2007 sowie am 05.12.2007, hatte der Kläger in Gestalt des Finanzamtes... gegenüber den Beklagten die Aufrechnung der dem Kläger (aus seiner Sicht) gegen die Beklagten im Zusammenhang mit der Zahlung auf die Rückbürgschaften zustehenden Forderungen gegen Ansprüche der Beklagten auf Steuerrückerstattung aus Einkommenssteuer für das Jahr 2005 in Höhe von 1.998,39 EUR sowie Umsatzsteuer für November 2...