Normenkette
BGB § 241 Abs. 2
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 11.10.2016 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor Ziffer 1 klarstellend wie folgt gefasst wird:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.800,00 EUR zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2016 Zug um Zug gegen eine schriftliche Abtretungserklärung betreffend sämtliche Rechte, einschließlich gesetzlicher Ansprüche, aus der am 21.02.2006 gezeichneten Beteiligung der Klägerin an der V... KG im Nennwert von 15.000 EUR (Beteiligungsnummer 80414)
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen fehlerhafter Anlageberatung im Wege des Schadensersatzes auf Rückabwicklung einer Beteiligung an der V... KG in Anspruch.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).
Das Landgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin partiell geschäftsunfähig und damit prozessunfähig sei, denn sie sei durch ihren Vater als bestelltem Betreuer vertreten.
Die Klage sei auch begründet. Anspruchsgrundlage seien entweder §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 1, 249 BGB oder - im Falle der Geschäftsunfähigkeit der Klägerin zum Zeitpunkt der Beitrittserklärung und der Beratungsvertrages mit der Beklagten und der hieraus folgenden Nichtigkeit der beiden Verträge - die §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, 249 BGB. Da haftungsbegründende Voraussetzungen für beide Alternativen dieselben seien, könne die Frage einer partiellen Geschäftsunfähigkeit offen bleiben.
Die Beklagte sei aufgrund eines Beratungsvertrages bzw. gemäß § 241 Abs. 2 BGB zur anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet gewesen. Die Beklagte selbst sei zunächst von einem Beratervertrag ausgegangen und habe sich in der Klageerwiderung entsprechend verteidigt. So sei von der - aus ihrer Sicht - Erfüllung der "Beratungspflichten" und von "Beratungsgespräch" die Rede gewesen, in dem sie die Klägerin umfassend beraten haben will, bei ihrer Anhörung gab sie an, auch einen weiteren Fonds vorgestellt zu haben. Für die Frage, ob sie im Verhältnis zu Anlegern als Anlageberaterin oder aber Anlagevermittlerin aufgetreten sei, sei auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, nicht im eigenen Namen, sondern für die Fondsgesellschaft gehandelt zu haben, denn sie sei ohne einen Hinweis auf eine etwaige Stellvertretung aufgetreten.
Nach dem Ergebnis der Anhörung stehe fest, dass die Beklagte die Klägerin jedenfalls nicht anlegergerecht beraten habe, weil die empfohlene Anlage weder dem Risikoprofil noch dem Anlageziel entsprochen habe. Mache der Kapitalanleger gegen den Vermittler Schadensersatz mit der Behauptung unrichtig oder unvollständig erteilter Informationen geltend, trage er für die Schlechterfüllung unbeschadet der insoweit bestehenden sekundären Behauptungslast der Gegenseite die Darlegungs- und Beweislast. Dies gelte auch für die nicht rechtzeitige Prospektübergabe.
Hier ergebe sich bereits aus dem Beklagtenvortrag, dass sie ihren Pflichten nachgekommen sei. Weder schriftsätzlich noch in ihrer Anhörung habe sie dargetan, dass die Klägerin ihr in der Rentenversicherung bei der H... angelegtes Sparvermögen nunmehr höchst spekulativ habe anlegen wollen, entsprechend überdurchschnittlich risikobereit gewesen sei und auch einen Totalverlust hingenommen hätte. Sie will um das Anlageinteresse der Klägerin und ihrer Familie gewusst haben, welches dies sei, werde nicht ansatzweise deutlich. Sie könne sich auch nicht darauf berufen, über sämtliche Risiken an Hand des Emissionsprospekts aufgeklärt zu haben und dass ihr gegenüber der Wunsch nach mündelsicherer Anlage mit soliden regelmäßigen Rendite nicht geäußert worden sei. Sie hätte die Klägerin konkret befragen müssen, welche Vorkenntnisse und Erfahrungen sie habe und welche Risiken einzugehen sie bereit sei. Dass sie derart verfahren sei, sei nicht vorgetragen und ergebe sich auch nicht aus dem Informations- und Gesprächsprotokoll. Zugunsten der Beklagten könne unterstellt werden, dass die Klägerin die Unterschrift geleistet, den Prospekt erhalten habe und zwei Gespräche stattgefunden hätten. Der konkrete Ablauf und Inhalt würden indes nicht dargestellt. Dass die Klägerin von sich aus erklärt habe, Interesse an einem Zweitmarktfonds zu haben - wie in dem Protokoll angekreuzt - sei kaum vorstellbar und unrealistisch. Es sei auch nicht substantiiert dargetan, dass die Klägerin bereits zuvor hochspekulative Kapitalanlagen gezeichnet habe. Die Behauptung, sie habe auch eine Risikolebensversicherung vermittelt, habe...