Leitsatz (amtlich)
1. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn der an dritter Stelle liegende Antragsteller lediglich darlegt, dass der für den Zuschlag vorgesehene Bieter von der Wertung auszuschließen ist, weil dessen Ausscheiden allein ihm keine Aussicht darauf eröffnet, den Zuschlag selbst zu erhalten.
2. Der Nachweis der Leistungsfähigkeit und Fachkunde wird durch eine bloße Erklärung der Muttergesellschaft des Bieters, dass die Vorlage der Nachweise der Muttergesellschaft zugunsten der Tochtergesellschaft gebilligt werde, nicht geführt. Darin liegt nicht die notwendige verbindliche Vereinbarung über die Überlassung zur Erfüllung des Auftrages erforderlicher Mittel.
3. Die Vergabekammer darf den für die Prüfung des Nachprüfungsantrages notwendigen Sachverhalt von Amts wegen ermitteln. Sind infolge der Rüge des Antragstellers die Referenzen eines Bieters zu prüfen, darf die Vergabekammer eine unzulässige Bezugnahme auf Nachweise Dritter nicht nur bei dem von der Rüge betroffenen Los, sondern auch bei anderen Losen berücksichtigen, wenn sich die Prüfung innerhalb des Rechtsschutzziels des Antragstellers hält.
4. Unterliegen der Antragsteller und die Beigeladene, die sich am Verfahren vor der Vergabekammer beteiligt und das Verfahren insoweit gefördert hat, jeweils teilweise, ist die Beigeladene an der Erstattung der notwendigen Auslagen des Antragstellers zu beteiligen. Soweit die Beigeladene obsiegt hat, entspricht die Kostenentscheidung zu Lasten des Antragstellers hinsichtlich der notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen der Billigkeit.
Normenkette
GWB § 107 Abs. 2, §§ 110, 128 Abs. 3-4; VOL/A § 25 Nr. 2 Abs. 1
Verfahrensgang
Vergabekammer des Landes Brandenburg (Beschluss vom 02.07.2009; Aktenzeichen VK 25/09) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss der Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 2.7.2009 (Az.: VK 25/09) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst.
Der Auftraggeber wird verpflichtet, unter Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen die Wertung der Angebote zu Los 5 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senates zu wiederholen.
Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.
Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin zu 95 % und die Beigeladene zu 5 % zu tragen mit Ausnahme der Kosten des Antrages über die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung (§ 118 Abs. 1 Satz 3 GWB), die die Beigeladene in vollem Umfang trägt.
Die für die Amtshandlungen der Vergabekammer des Landes Brandenburg entstandenen Kosten haben die Antragstellerin i.H.v. 95 % zu tragen, der Auftraggeber und die Beigeladene i.H.v. 5 % als Gesamtschuldner.
Der Auftraggeber und die Beigeladene haben der Antragstellerin deren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung vor der Vergabekammer des Landes Brandenburg entstandene notwendige Auslagen im Umfang von jeweils 2,5 % zu erstatten. Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer war notwendig.
Die Antragstellerin hat der Beigeladenen und dem Auftraggeber deren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung vor der Vergabekammer des Landes Brandenburg zu erstattenden notwendigen Auslagen im Umfang von jeweils 95 % zu erstatten. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten durch den Auftraggeber und die Beigeladene im Verfahren vor der Vergabekammer war notwendig.
Der Wert des Verfahrens über die sofortige Beschwerde wird auf 541.014 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Auftraggeber schrieb im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 13.11.2008 die Beseitigung und Behandlung von Siedlungsabfällen im Offenen Verfahren Europaweit aus. Los 1 betraf die Sammlung und Beförderung von Hausmüll und hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen und sollte für den Zeitraum vom 1.1.2010 bis zum 31.3.2017 vergeben werden. Los 5 betraf Sammlung, Beförderung, Transport und Verwertung von kommunalem Altpapier und sollte vom 1.1.2010 bis zum 31.3.2014 vergeben werden.
Am 18.11.2008 übersandte das Ingenieurbüro I. GmbH für den Auftraggeber an die Antragstellerin die Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes und die Verdingungsunterlagen.
In der Bekanntmachung der Ausschreibung, Abschnitt III. "Rechtliche, wirtschaftliche, finanzielle und technische Informationen" sind unter III. 2. "Teilnahmebedingungen" Angaben zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bieters (Ziff. III. 2.2.) gefordert. Nach dem Text der Bekanntmachung und nach Ziff. 3.6. der Bewerbungs- und Vergabebedingungen sind hierzu Umsatzangaben, die Anzahl der Mitarbeiter des Bieters in den letzten drei Geschäftsjahren und eine Übersicht über aktuelle Referenzen bezogen auf Sammlung und Beförderung von Abfällen gegliedert nach Losen sowie eine Übersicht über aktuelle Referenzen bezogen auf den Betrieb von Abfallbehälter - und Identifikationssystemen für Los 1 vorzuelgen. Im Einzelnen wird auf den Text der Bekanntmachung, S. 5, sowie S. 9 bis 12 der Bewerbungs- u...