Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei Durchführung des Versorgungsausgleichs im sog. Leistungsfall (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VAÜG) braucht der Angleichungsfaktor (§ 3 Abs. 2 Nr. 1a S. 3 VAÜG) dann nicht angewandt werden, wenn zwischen dem Ehezeitende i.S.d. § 1587 Abs. 2 BGB und dem gerichtlichen Entscheidungszeitpunkt keine Rentenanpassung/Ost stattgefunden hat.

2. In diesen Fällen bedarf es auch nicht der Anordnung der Vervielfältigung der Entgeltpunkte (Ost) mit dem Angleichungsfaktor nach § 3 Abs. 2 Nr. 2b VAÜG.

 

Normenkette

BGB § 1587a Abs. 2 Nr. 3, Abs. 4, § 1587b Abs. 1; VAÜG § 3 Abs. 2 Nrn. 1a, 2a

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Urteil vom 20.08.2004; Aktenzeichen 35 F 453/03)

 

Tenor

1. Das angefochtene Urteil wird zu Ziff. 1 I. des Tenors teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Vom Versicherungskonto ... der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 1) werden auf das Versicherungskonto ... des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 1) angleichungsdynamische Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 26,27 Euro, bezogen auf das Ehezeitende am 31.1.2004, übertragen.

Die zu übertragenden angleichungsdynamischen Rentenanwartschaften sind in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

2. Die Kosten erster Instanz und des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben, mit Ausnahme der Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren, die niedergeschlagen werden.

3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die gem. § 621e ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte befristete Beschwerde des Beteiligten zu 2) hat in der Sache Erfolg. Das AG hat bei der Umwertung der bei dem Beteiligten zu 2) durch die Antragstellerin erworbenen Anrechte einen fehlerhaften Barwert zu Grunde gelegt.

1. Nach Auskunft der Beteiligten zu 1) v. 27.4.2004 (Bl. 40) hat die Antragstellerin in der Ehezeit, das heißt in der Zeit v. 1.12.1963 bis 31.1.2004, angleichungsdynamische Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 988,22 Euro erworben.

Darüber hinaus hat sie nach Auskunft des Beteiligten zu 2) v. 24.6.2004 (Bl. 57), einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, innerhalb der vorgenannten Ehezeit eine unverfallbare Anwartschaft auf eine Betriebsrente i.H.v. monatlich 83,68 Euro erworben. Der Wert dieser Versorgung steigt nicht in nahezu gleicher Weise wie der Wert der aus der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte. Ab Rentenbeginn steigt der Wert des Anrechts um 1 % jährlich. Eine Realteilung sieht die Satzung des Versorgungsträgers nicht vor.

Der Antragsgegner hat ausweislich der Auskunft der Beteiligten zu 1) v. 12.3.2004 (Bl. 22) in der gesetzlichen Rentenversicherung innerhalb der Ehezeit eine nichtangleichungsdynamische Vollrente wegen Alters i.H.v. monatlich 150,35 Euro sowie eine angleichungsdynamische Vollrente wegen Alters i.H.v. monatlich 845,70 Euro erworben.

2. Bei der Anwartschaft der Antragstellerin bei dem Beteiligten zu 2) handelt es sich um ein Anrecht der betrieblichen Altersversorgung nach § 1587a Abs. 2 Nr. 3 BGB. Da der Wert dieses Anrechtes auf die Betriebsrente in der Anwartschaftsphase nach Auskunft der Beteiligten nicht in gleicher Weise wie der Wert der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung steigt, ist der Wert sodann gem. § 1587a Abs. 4 BGB in eine dynamische Rente umzurechnen.

Dafür ist zunächst nach der BarwertVO der Barwert zu berechnen, wobei der Faktor der Tabelle 1 (8,0 bei einem Lebensalter zum Ehezeitende von 60 Jahren, da die Antragstellerin am 28.4.1943 geboren ist), erhöht um 65 vom Hundert (= 8,0 + 65 % = 13,2) gem. Anm. 2 der Tabelle, zu Grunde zu legen ist. Der Senat sieht auf Grund der vorzunehmenden, in die Zukunft gerichteten Betrachtungsweise auch diese Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ab dem Leistungsbeginn auf Grund der Steigerung von jährlich 1 % als volldynamisch an (zur VBL: BGH v. 7.7.2004 - XII ZB 277/03, BGHReport 2004, 1422 = MDR 2004, 1240 = FamRZ 2004, 1474 ff. m. Anm. Glockner; ferner OLG Brandenburg, Beschl. v. 8.7.2004 - 9 UF 120/04; Beschl. v. 23.3.2004 - 9 UF 33/04, FamRZ 2005, 37; OLG München v. 29.12.2003 - 16 UF 1612/03, OLGReport München 2004, 144 = FamRZ 2004, 639). Innerhalb des Zeitraum von 1995 bis 2004 erfolgte eine Anpassung der gesetzlichen Renten von durchschnittlich 1,059 %, so dass insb. im Hinblick auf die zu erwartenden geringen Steigerungen auch in den kommenden Jahren eine Anpassung von jährlich 1 % keine nennenswerte Abweichung von der Dynamik der gesetzlichen Renten mehr erwarten lässt.

Es ergeben sich danach 13.254,91 Euro (12 Monate x 83,68 Euro = 1.004,16 Euro x 13,2 Barwert) als Deckungskapital.

Multipliziert mit dem Faktor von 001742628 für die Umrechnung von Beiträgen in Entgeltpunkte sowie multipliziert mit dem für das Ehezeitende geltenden Rentenwert/West von 26,13, um den fiktiven Wert bei Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung zu ermitteln, ergibt sich i.H.v. 60,36 Euro eine umgewertete nichtangleichungsdyna...

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