Verfahrensgang

LG Cottbus (Urteil vom 16.12.2005; Aktenzeichen 3 O 345/04)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 02.06.2008; Aktenzeichen II ZR 27/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Cottbus vom 16.12.2005 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beklagte war Geschäftsführer der I. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin), über deren Vermögen am 28.2.2001 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Die Schuldnerin war bereits im November 2000 zahlungsunfähig. Die im Dezember 2000 und Januar 2001 zur Zahlung an die Klägerin fälligen Gesamtsozialversicherungsbeiträge i.H.v. 26.111,19 DM und 36.266,63 DM wurden nicht abgeführt.

Durch Beschluss des AG Cottbus vom 6.2.2004 wurde über das Vermögen des Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin meldete Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB im Hinblick auf die Vorenthaltung der Arbeitnehmeranteile an den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen im Dezember 2000 und Januar 2001 i.H.v. 15.946,64 EUR nebst Zinsen i.H.v. 130,97 EUR und Kosten i.H.v. 111,40 EUR zur Insolvenztabelle an. Der Insolvenzverwalter stellte unter dem 17.8.2004 das Bestehen der Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung fest. Der Beklagte widersprach dem Forderungsattribut.

Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass die von der Klägerin im Insolvenzverfahren des Beklagten vor dem AG Cottbus, Az.: 63 IN 562/03, zur Tabelle unter der laufenden Nummer. 2 angemeldete Forderung mit dem Rechtsgrund "Schadensersatzanspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung" zur Tabelle zu nehmen ist.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das LG hat durch Urteil vom 16.12.2005 die begehrte Feststellung getroffen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei infolge des Widerspruchs des Beklagten gegen das Forderungsattribut nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig, da Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung gem. § 302 Nr. 1 InsO nicht der Restschuldbefreiung unterlägen und die Klägerin die Beseitigung des Widerspruchs nach § 201 Abs. 2 Satz 2 InsO nur durch die Feststellungsklage erreichen könne. Der gegen den Beklagten unter dem 6.4.2004 ergangene Vollstreckungsbescheid führe nicht zur Unzulässigkeit der Klage, da jenes Verfahren durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen und mangels eines Einspruchs nicht in das streitige Verfahren übergegangen sei, so dass die Möglichkeit einer Aufnahme nach § 184 Satz 2 InsO nicht bestehe. Die Klage sei begründet, da der Beklagte als der damalige Geschäftsführer der Schuldnerin für die Nichtabführung der Arbeitnehmeranteile an den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a Abs. 1 StGB hafte. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch die schriftliche Vernehmung des Zeugen Prof. Dr. M. stehe fest, dass aus dem Vermögen der Schuldnerin noch am 22.1.2001 und 20.2.2001 Zahlungen i.H.v. 22.359 DM und 10.000 DM geleistet worden seien. Daraus sei zu ersehen, dass die Schuldnerin über ausreichende Mittel zur Aufbringung der Arbeitnehmeranteile verfügt habe. Auf ihre Zahlungsunfähigkeit im November 2000 komme es nicht an, sondern allein darauf, ob die Schuldnerin die gegenüber anderen Verbindlichkeiten vorrangig zu behandelnden Arbeitnehmeranteile hätte aufbringen können. Der Beklagte habe die Arbeitnehmeranteile bedingt vorsätzlich vorenthalten; das gehe aus der von ihm verfassten Begründung des Insolvenzantrags vom 22.2.2001 hervor.

Gegen dieses Urteil, das ihm am 12.1.2006 zugestellt worden ist, hat der Beklagte am 2.2.2006 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 12.5.2006 begründet.

Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Cottbus vom 16.12.2005 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung ist begründet. Denn die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet.

1. Zur Zulässigkeit der Klage besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin aus den vom LG im angefochtenen Urteil angeführten Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.

Dem Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin steht der gegen den Beklagten ergangene Vollstreckungsbescheid vom 6.2.2004 (Bl. 7 d.A.) nicht entgegen. Die Feststellungen des LG, dass ein Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid und damit der Übergang in das streitige Verfahren nicht stattgefunden ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?