Entscheidungsstichwort (Thema)
Arzthaftung: Umfang der Aufklärungspflicht im Zusammenhang mit einer Operation am rechten Arm; hypothetische Einwilligung des Patienten; Schmerzensgeldanspruch aufgrund verspäteter Schmerzbehandlung
Normenkette
BGB §§ 253, 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1-2; StGB § 229
Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 25.09.2013; Aktenzeichen 11 O 76/12) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 25.9.2013 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Potsdam, Az.: 11 O 76/12, teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 500 EUR nebst Zinsen in Höhe 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.6.2012 sowie außergerichtliche Kosten i.H.v. 96,39 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin und die weitergehende Berufung des Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Zahlung von Schmerzensgeld, materiellen Schadensersatz und die Feststellung einer Haftung des Beklagten für sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden im Zusammenhang mit einer Operation vom 15.1.2009 am Epicondylus radialis des rechten Oberarmknochens nach der Methode von Hohmann/Wilhelm wegen jedenfalls seit 2005 bestehender Schmerzen der Klägerin am rechten Ellenbogen. Die Parteien streiten in erster Linie darüber, ob eine Indikation für die Operation vorgelegten hat und die Klägerin hinreichend über Risiken der Operation und Behandlungsalternativen aufgeklärt wurde sowie über Behandlungsfehler des Beklagten in der Nachbehandlung der Klägerin, wobei der Beklagte bei einem Nachsorgetermin am 9.2.2009 eine leichte Schwellung des Handgelenks feststellte und der Klägerin auch wegen des Verdachts auf einen beginnenden Morbus Sudeck das Medikament Prednisolon verordnete. Diesbezüglich streiten die Parteien darüber, ob der Beklagte darüber hinaus der Klägerin Schmerzmittel hätte verordnen müssen, und inwieweit von der Klägerin dem Beklagten gegenüber Schmerzen angegeben wurden. Die Parteien streiten weiterhin über die Folgen eines etwaigen Behandlungsfehlers sowie über den von der Klägerin geltend gemachten Haushaltsführungs- sowie Erwerbsschaden und die Höhe eines gegebenenfalls zu zahlenden Schmerzensgeldes. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachverhalts wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Mit am 25.9.2013 verkündetem Urteil hat das LG den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 2.100 EUR nebst Zinsen sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 316,17 EUR zu zahlen und die weitergehende Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, der Klägerin stehe gegen den Beklagten lediglich ein Anspruch auf Schmerzensgeld wegen einer Verzögerung der Schmerzbehandlung um zwei Wochen im Februar 2009 aus §§ 280, 253 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Behandlungsvertrag sowie aus §§ 823 Abs. 1, 253 BGB zu. Im Ergebnis der Beweisaufnahme habe die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die vom Beklagten am 15.1.2009 vorgenommene Operation fehlerhaft gewesen sei. Die Operation sei indiziert gewesen, nachdem nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen die konservativen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft gewesen seien. Es sei auch die zutreffende Operationstechnik verwendet und nach dem Inhalt der Behandlungsunterlagen fehlerfrei ausgeführt worden. Auch eine fehlerhafte bzw. unzureichende Aufklärung sei nicht festzustellen. Die Klägerin habe im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung bestätigt, dass mehrere Aufklärungsgespräche erfolgt seien und mit ihr auch über die Risiken der Operation und die Möglichkeit gesprochen worden sei, dass die Schmerzen auch nach der Operation wiederkommen könnten. Sie habe nicht der Darstellung des Beklagten zum üblichen Ablauf der Operationsaufklärung und Operationsvorbereitung widersprochen. Der gerichtlich bestellte Sachverständige habe die dargestellte Aufklärung als praxis- und standardgerecht sowie völlig ausreichend bewertet. Zudem sei eine hypothetische Einwilligung anzunehmen, da die Klägerin im Rahmen ihrer Anhörung angegeben habe, wegen der anhaltenden Schmerzen trotz der dargestellten Risiken zu der Operation entschlossen gewesen zu sein. Der Beklagte habe aber im Rahmen der Nachbehandlung in der Zeit vom 09. bis 24.2.2009 nicht ausreichend auf die Beschwerden der Beklagten durch eine gezielte Schmerzmedikation reagiert. Es sei davon auszugehen, dass die Wunde am 9.2.2009 - wie die Klägerin glaubhaft und für den Sachverständigen medizinisch nachvollziehbar versichert habe - stark schmerzhaft gewesen sei, dass die...