Leitsatz (amtlich)

In Fällen, in denen die Streitgegenstände nicht identisch sind, aber durch eine Klageänderung eine Identität hergestellt werden kann, kann der anhängige Rechtsstreit gem. § 180 Abs. 2 InsO aufgenommen werden.

§ 180 Abs. 2 InsO ist dahingehend auszulegen, dass in Fällen eines nicht identischen Streitgegenstandes zwischen anhängiger Klage und Feststellungsklage eine Aufnahme des anhängigen Rechtsstreits jedenfalls grundsätzlich möglich ist. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, den Kosten- und Zeitaufwand eines selbständigen Feststellungsprozesses zu vermeiden und die bisherigen Prozessergebnisse zu erhalten, wodurch unnötiger Zeit- und Kostenaufwand vermieden werden soll. Ist ein Rechtsstreit rechtshängig, dessen Ergebnisse im Rahmen des Feststellungsprozesses verwertet werden können, so dass eine Klageänderung hin zu einem Antrag auf Zahlung der bestrittenen Forderung sachdienlich wäre, dient es der Prozessökonomie, wenn der alte Rechtsstreit aufgenommen wird.

Maßgeblicher Zeitpunkt für den Beginn der Sechs-Monats-Frist gem. § 204 Abs. 2 S. 1 BGB ist nicht der Zugang des Tabellenauszugs mit dem Bestreiten des Insolvenzverwalters. Unter dem "eingeleiteten Verfahren" i.S.d. § 204 Abs. 2 S. 1 BGB ist nicht das Ende des "Forderungsanmeldungsverfahrens" durch Bekanntgabe des endgültigen Bestreitens einer Forderung, sondern das Ende des Insolvenzverfahrens zu verstehen.

 

Normenkette

BGB § 204 Abs. 2 S. 1; InsO § 180 Abs. 2; ZPO §§ 263-264

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 27.08.2009; Aktenzeichen 13 O 155/03)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten zu 1. gegen das am 27.8.2009 verkündete Teilurteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Frankfurt/O., Az.: 13 O 155/03, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu 1. zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten zu 1. wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt die insolvenzrechtliche Feststellung eines vom Beklagten zu 1. als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin und ehemaligen Beklagten zu 1., der Grundstücksgesellschaft ... GbR, bestrittenen Teils einer Werklohnforderung. Die Klägerin hatte zunächst im Wege der einstweiligen Verfügung die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung ihres Anspruchs auf Einräumung einer Sicherungshypothek wegen einer Werklohnforderung i.H.v. 244.829,97 EUR auf dem im Grundbuch von S., AG B., Bl ..., Flur ..., Flurstück ..., eingetragenen Grundstück P.-Straße in S. erwirkt (LG Frankfurt/O., Beschluss vom 27.5.2002, AZ. 18 O 275/02). Mit Klageschrift vom 17.4.2003 hat sie Klage gegen die Insolvenzschuldnerin auf Bewilligung der Eintragung einer Sicherungshypothek i.H.v. 234.966,13 EUR (entspricht 459.553,82 DM) auf dem nämlichen Grundstück erhoben. Die Insolvenzschuldnerin ist mit Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren vom 4.6.2003 antragsgemäß verurteilt worden, zugunsten der Klägerin die Eintragung einer Sicherheitshypothek i.H.v. 234.966,13 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2003 auf dem genannten Grundstück unter rangwahrender Ausnutzung der zugunsten der Klägerin in Abteilung 2, laufende Nr. 3 eingetragenen Vormerkung zu bewilligen. Gegen das ihr am 12.6.2003 zugestellte Versäumnisurteil hat die Insolvenzschuldnerin als damalige Beklagte mit am 27.6.2003 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.2.2004 hat die Insolvenzschuldnerin Widerklage erhoben und beantragt, die Klägerin zu verurteilen, die Löschung der aufgrund der einstweiligen Verfügung vom 27.5.2002 am 9.7.2002 eingetragenen Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek zu bewilligen. Den Widerklageanspruch hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 2.3.2004 i.H.v. 9.863,84 EUR anerkannt. Mit der Gegenseite am 27.4.2004 zugestelltem Schriftsatz hat die Klägerin die Klage erweitert und die beiden Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin auf Zahlung von 234.966,13 EUR nebst Zinsen verklagt. Auf Antrag der Insolvenzschuldnerin hat das AG Frankfurt/O. mit Beschluss vom 7.5.2004 das Insolvenzverfahren über deren Vermögen eröffnet und den Beklagten zu 1. zum Insolvenzverwalter bestellt (Az.: 3.1 IN 78/04). Über das Vermögen der Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin ist jeweils zwischenzeitlich zu einem nicht näher vorgetragenen Zeitpunkt ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet worden (Az. 3.1 IN 77/04 und 3.1. IN 177/04, jeweils AG Frankfurt/O.). Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 3.6.2004 beim Beklagten zu 1. eine Werklohnforderung i.H.v. 244.829, 97 EUR zur Tabelle angemeldet hat und der Beklagte zu 1. diese mit Schreiben vom 23.10.2006 i.H.v. 117.054,36 EUR festgestell...

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