Entscheidungsstichwort (Thema)
Deliktshaftung: Schadenersatz- und Schmerzensgeldanspruch aufgrund eines Sturzes von einem Barhocker
Normenkette
BGB §§ 203, 212 Abs. 1 Nr. 1, § 253 Abs. 2, § 254 Abs. 1, § 823 Abs. 1
Tenor
Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Grund- und Teilurteil der 1. Zivilkammer des LG Frankfurt/O. vom 21.5.2014 teilweise abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über das bereits vorgerichtlich gezahlte sowie das vom LG zu Ziff. 2 des vorbezeichneten Urteils zuerkannte Schmerzensgeld hinaus ein weiteres Schmerzensgeld i.H.v. 25.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.6.2013 zu zahlen. Die weitergehende Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten - einschließlich derjenigen des Berufungsverfahrens - bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger hat den Beklagten in der I. Instanz auf Zahlung von Schmerzensgeld i.H.v. mindestens 110.000 EUR, Ersatz materieller Schäden einschließlich Rentenzahlungen sowie Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz weiterer materieller und immaterieller Schäden in Anspruch genommen.
Hintergrund ist ein Vorfall vom 9.12.2005, der sich um ca. 21.40 Uhr im Rahmen einer Betriebsweihnachtsfeier der Fa. b ..., eines Sicherheitsunternehmens, in der Gaststätte "..." in E. ereignet hat. Bei den Parteien handelt es sich um ehemalige Arbeitskollegen; der Kläger war am 9.12.2005 nicht mehr in dem Unternehmen tätig, nahm jedoch als Gast an der Weihnachtsfeier teil.
Unstreitig ist, dass der Kläger gegen 21.40 Uhr am Tresen des Gastraumes saß und sich mit weiteren Personen unterhielt, die an einem fest installierten Stehtisch standen. Der Beklagte näherte sich dem Kläger und legte einen Arm um den Kläger. Der Kläger versuchte sich aus dieser Umarmung zu lösen, rutschte in diesem Zusammenhang vom Barhocker und stürzte auf den Fliesenfußboden in einer Weise, dass er mit seinem Kopf aufschlug und sich darüber hinaus weitere schwere Verletzungen zuzog. Weitere Einzelheiten zum Hergang dieses Vorfalls sind zwischen den Parteien streitig.
Der Beklagte ist im Ergebnis eines gegen ihn geführten Strafverfahrens mit Urteil vom 17.11.2006 des AG Eisenhüttenstadt wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10 EUR verurteilt worden.
Mit Schreiben vom 13.3.2009 hat die Haftpflichtversicherung des Beklagten nach Prüfung ihrer Haftung bestätigt, "dass eine Grundhaftung unseres Versicherungsnehmers besteht". Sie hat allerdings die Auffassung vertreten, dass dem Kläger ein Mitverschulden von 30 % anzurechnen sei und in dem Schreiben einen Schmerzensgeldvorschuss i.H.v. 10.000 EUR abgerechnet, den sie unstreitig an den Kläger gezahlt hat.
Der Beklagte hat über die Einzelheiten des Unfallhergangs hinaus die Kausalität einer Verletzungshandlung seinerseits für den beim Kläger eingetretenen Schaden und die vom Kläger behaupteten Unfallfolgen, insbesondere Dauerschäden, sowohl als solche als auch in Bezug auf die Kausalität des Vorfalls vom 9.12.2005 für etwaig erlittene Beeinträchtigungen des Klägers bestritten. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, sein Verhalten sei sozial adäquat gewesen, so dass ihm ein Fahrlässigkeitsvorwurf nicht gemacht werden könne; jedenfalls treffe den Kläger ein überwiegendes Mitverschulden. Schließlich hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben und in diesem Zusammenhang geltend gemacht, in dem Schreiben seiner Haftpflichtversicherung vom 13.3.2009 könne kein Anerkenntnis gesehen werden.
Im Übrigen wird auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat in der mündlichen Verhandlung vom 9.4.2014 den Kläger persönlich angehört, insoweit allerdings nur zur Frage eines für ihn ab dem 1.1.2006 in Aussicht stehenden Arbeitsverhältnisses. Darüber hinaus hat das LG erklärt, dass es als unstreitigem Sachverhaltskern davon ausgehe, "dass der Beklagte an den Kläger, der sich auf den Barhocker sitzend befunden hat, herangetreten ist, ihm den Arm und die Schulter gelegt hat und ihn umklammert hat, wobei der Kläger versuchte, sich von der Umarmung zu befreien und dabei vom Barhocker gerutscht oder gefallen ist". Die Beklagtenvertreterin hat ausweislich des Protokolls erklärt "Der Unfallhergang in der reduzierten Form, wie gerade vom Gericht zu Protokoll genommen, wird unstreitig gestellt".
Mit Grund- und Teilurteil vom 21.5.2014 hat das LG die Klage dem Grunde nach als gerechtfertigt erachtet und den Beklagten unter Abweisung des weitergehenden Klageantrages zu 1. verurteilt, an den Klä...