Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16.09.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam (Az.: 12 O 258/15) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt,
der Klägerin Einsicht in ihre sämtlichen Handakten des mit Vergütungsvereinbarung vom 17.01.2013 geschlossenen Anwaltsdienstvertrages zu gewähren, insbesondere in sämtliche(n)
- von der Klägerin an die Beklagte ausgehändigte Unterlagen, einschließlich elektronischer,
- drittgerichteten Schriftstücke, einschließlich aller elektronischen, die die Beklagten empfangen und/oder Versand haben, einschließlich aller Zustellungsunterlagen, insbesondere Faxberichte und/oder Zustellungsurkunden,
- Notizen, einschließlich aller elektronischen, über Besprechungen und Telefonate, die von dem Beklagten mit Dritten geführt worden,
- Schriftverkehr, einschließlich des elektronischen, zwischen den Beklagten und der Klägerin, sowie ihren Organen und deren Mitgliedern unter Einschluss ausgeschiedener Mitglieder, insbesondere der vormaligen Vorstandsvorsitzenden der Klägerin, Frau K... J..., und zwar auch solcher Schriftverkehr, der von dem Beklagten an diese Privatversand und/oder von ihr privat empfangen wurde,
- Notizen, einschließlich aller elektronischen, die von dem Beklagten über Besprechungen und Telefonate mit der Klägerin, insbesondere mit den Mitgliedern ihrer Organe, einschließlich ihrer vormaligen Mitglieder, insbesondere mit der vormaligen Vorstandsvorsitzenden der Klägerin, Frau K... J..., angefertigt wurden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt nach Rücknahme der Berufung hinsichtlich Klageabweisung ihres Herausgabebegehrens von den Beklagten, die Einsicht in ihre Handakten des zwischen ihnen vom 17.01.2013 geschlossenen Anwaltsdienstvertrages zu gewähren. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Einsicht in sämtliche Handakten des Anwaltsvertrages und Herausgabe im beantragten Umfang gemäß § 667 BGB i.V.m. § 50 BRAO habe. Die Klage sei entgegen der Ansicht der Beklagten - wie hier erfolgt - gegen die damals bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu richten. Gleiches gelte für den Herausgabeanspruch. Aus der Geschäftsbesorgung erlangt sei insbesondere der gesamte drittgerichtete Schriftverkehr. Hierzu würden auch Notizen über Besprechungen mit Dritten gehören. Dies gelte jedoch nicht für Unterlagen, die persönliche Eindrücke des Anwalts in den betreffenden Gesprächen wiedergeben würden. Derartige Aufzeichnungen seien unter Berufung auf die Rechtsprechung des BGH (BGHZ 85, 327, 335) nicht offenzulegen. Gleiches gelte für vertrauliche Hintergrundinformationen, die der Anwalt gesammelt habe. Auch diese unterlägen nicht der Herausgabepflicht. Zudem bestehe eine Herausgabepflicht nicht für den Briefwechsel zwischen dem Anwalt und seinem Auftraggeber. Gleiches müsse für die Notizen über Gespräche mit diesem (BGH, NJW 1990, 510) und für schon herausgegebene Schriftsätze gelten. Hier sei der Herausgabeanspruch bereits durch Erfüllung erloschen. Die Beklagten hätten Unterlagen der im Zeitpunkt der Übergabe für die Klägerin handelnden Vorstandsvorsitzenden J... übergeben. Zwar habe diese erklärt, sie verfüge über keinerlei Unterlagen. Das stehe dem jedoch nicht entgegen. Aus dem Schreiben der Zeugin J... vom 04.07.2015 folge nicht, dass die Beklagten über weitergehenden drittgerichteten Schriftverkehr verfügen würden, den sie der Zeugin J... und damit auch der Klägerin nicht bereits übergeben hätten. Darüber hinaus habe die Beklagte auch im Rechtsstreit verschiedene Anlagen aus den Kontakt mit Dritten übergeben (Anlagen B3, B4). Eine weitere schriftliche Reaktion habe es nicht darauf gegeben. Ein Anspruch auf Auskunft und Einsicht stehe der Klägerin nicht zur Seite. Zwar sei der Anwalt verpflichtet, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und Rechenschaft abzulegen. Dies sei die Grundlage für den Anspruch des Auftraggebers auf Einsicht in die Handakten. Die Vorlagepflicht beziehe sich auf diejenigen Bestandteile der Handakten des Rechtsanwalts, die nicht herausgegeben zu werden brauchen. Diese Auskunftspflicht bestehe auch dann, wenn der Herausgabeanspruch durch Erfüllung erloschen sei. Der Auskunftsanspruch sei jedoch nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB beschränkt (BGH NJW 1990, 510). Treuwidrigkeit sei dann anzunehmen, wenn der Auftraggeber schon alle zu übergebenen Unterlagen erhalten und noch immer im Besitz habe. Dann fehle es an einem schützenswerten Interesse der Klägerin an einer Einsichtnahme in die Handakten oder Auskunftserteilung. Hieraus ergebe sich nämlich keine Veränderung der Situation. In diesem Zusammenhang habe...