Entscheidungsstichwort (Thema)

Tierhalterhaftung für Polizeihund

 

Normenkette

BGB § 833

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 23.11.2007; Aktenzeichen 4 O 90/07)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23.11.2007 verkündete Urteil des LG Potsdam - 4 O 90/07 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte zu 2.) wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld i.H.v. 300 EUR und weitere 12,50 EUR jeweils nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.7.2006 sowie weitere 34,31 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.1.2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Gerichtskosten die Klägerin zu ¾ und der Beklagte zu 2.) zu ¼. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1.) in voller Höhe und die des Beklagten zu 2.) zur Hälfte. Der Beklagte zu 2.) trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu ¼. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

3. Das Urteil ist vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen Bissverletzungen in Anspruch, die sie bei einer Beißerei zwischen ihrem Rottweilermischling und einem von dem Beklagten zu 1.) geführten Schäferhund am 12.6.2006 erlitten hat. Der Beklagte zu 1.) ist Polizeibeamter im Dienst des beklagten Landes zu 2.). Bei dem Schäferhund handelt es sich um einen Diensthund, mit dem der Beklagte zu 1.) zum Zeitpunkt des Vorfalls während seiner Freizeit spazieren ging.

Das LG hat eine Amtspflichtverletzung verneint und die Klage mit dieser Begründung abgewiesen. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten wird im Übrigen auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil (Tatbestand) verwiesen, wobei die Beklagten die Arztbesuche der Klägerin und die anlässlich dieser Besuche dokumentierten Befunde in der Berufungsinstanz unstreitig gestellt haben.

B. Die zulässige, insb. frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg: Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 2.) einen Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz i.H.v. insgesamt 346,81 EUR.

I. Das beklagte Land ist der Klägerin als Halter des von dem Beklagten zu 1.) geführten Diensthundes wegen der von ihr erlittenen Verletzungen gem. § 833 S. 1 BGB i.V.m. §§ 249, 253 Abs. 2 BGB zum Ersatz des ihr entstandenen immateriellen und materiellen Schadens verpflichtet. Ob das beklagte Land daneben auch aufgrund einer Haftungsübernahme gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG haftet, da der Beklagte zu 1.) beim Ausführen des Diensthundes aufgrund seiner dienstlichen Obhutspflichten in Ausübung eines öffentlichen Amtes handelte (vgl. BGH, Beschl. v. 25.11.1999 - III ZR 123/99, zitiert nach juris Rz. 3, für die häusliche Verwahrung von Dienstwaffen), kann daher im Ergebnis offen bleiben.

1. Der Beklagte zu 2.) ist Halter des Diensthundes i.S.d. § 833 S. 1 BGB. Tierhalter im Sinne dieser Regelung ist, wer die Bestimmungsmacht über das Tier hat, aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt, den allgemeinen Wert und Nutzen des Tieres für sich in Anspruch nimmt und das Risiko seines Verlustes trägt (Palandt/Thomas, BGB, 67. Aufl., § 833 Rz. 9). Zwar wird der Diensthund von dem Beklagten zu 1.) betreut und beaufsichtigt. Dies geschieht jedoch nicht aus eigenem Interesse, sondern im Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit des Beklagten zu 1.). Auch den Wert und Nutzen des Tieres nimmt nicht der Beklagte zu 1.) persönlich für sich in Anspruch, sondern sein Dienstherr, der Beklagte zu 2.). Der Dienstherr ist daher als Halter eines Diensthundes anzusehen (vgl. BGH, Urt. v. 26.6.1972 - III ZR 32/70, zitiert nach juris Rz. 13).

2. Die Klägerin ist durch den Diensthund verletzt worden. Dabei hat sich entgegen der vom LG im angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung auch in klassischer Weise die auf der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens beruhende Tiergefahr verwirklicht.

3. Den Entlastungsbeweis gem. § 833 S. 2 BGB hat der Beklagte zu 2.) nicht zu führen vermocht.

a) Zwar handelt es sich bei dem Diensthund um ein Haustier, das dem "Beruf des Tierhalters im Sinne dieser Regelung zu dienen bestimmt ist. Ein Tier, das von einer juristischen Person gehalten wird, dient dann dem "Beruf" des Halters und fällt damit unter § 833 S. 2 BGB, wenn es dazu bestimmt ist, dem Aufgabenbereich der juristischen Person zu dienen (vgl. BGH, Urt. v. 26.6.1972 - III ZR 32/70, zitiert nach juris Rz. 13). Der Diensthund dient den Aufgaben der Polizei des Landes B. und damit auch den Aufgaben des Beklagten zu 2.).

b) Jedoch ist der insoweit beweisbelastete Beklagte zu 2.) dafür beweisfällig geblieben, dass er bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder der Schaden auch be...

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