Verfahrensgang
AG Eisenhüttenstadt (Entscheidung vom 29.05.2007; Aktenzeichen 7 F 225/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 29. Mai 2007 abgeändert. Der Antrag des Antragstellers auf Aufhebung der Ehe wird zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.
Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 5.160 EUR festgesetzt.
Gründe
A.
Der Antragsteller begehrt die Aufhebung seiner Ehe. Hilfsweise stellt er Scheidungsantrag.
Der in 10/1940 geborene Antragsteller und die in 1/1945 geborene Antragsgegnerin, die bis zur "Wende" im Gebiet der ehemaligen DDR lebten, haben in 5/1990 geheiratet. Sie leben getrennt. Für beide ist es die zweite Ehe.
Mit seinem Hauptantrag hat der Antragsteller in erster Instanz die Aufhebung der Ehe beantragt, hilfsweise Scheidungsantrag gestellt. Zur Begründung hat er sich insbesondere darauf berufen, er habe von 1980 bis 1988 mit seiner früheren Lebensgefährtin, Frau E... W..., in seinem Haus in M... zusammengelebt. Dieser sei auf ihren Antrag hin in 6/1988 die Ausreise aus der DDR in die BRD genehmigt worden. Im Jahr 1988 habe er seine jetzige Ehefrau kennen gelernt. Aufgrund seiner Einsicht in die ihn betreffenden Stasi-Unterlagen habe er in 4/2006 erfahren, dass seine Ehefrau seinerzeit als Informantin für die Stasi gearbeitet habe. Sie habe insbesondere ihre von ihm bezogenen Informationen über ein illegales Treffen zwischen ihm und seiner früheren Lebensgefährtin W... am 16. und 17.10.1988 auf der Transitstrecke/Autoraststätte Michendorf an die Stasi verraten. Das habe zu seiner (und Frau W...) vorläufiger Inhaftierung geführt. Vor der Heirat habe er die Antragsgegnerin ausdrücklich gefragt, ob sie die Stasi oder die Abteilung für Inneres der DDR über das Treffen im Oktober 1988 informiert habe. Die Antragsgegnerin habe diese Frage, von der er die Eheschließung abhängig gemacht habe, wahrheitswidrig verneint.
Das Amtsgericht hat der Aufhebungsklage stattgegeben mit der Begründung, die Antragsgegnerin habe dem für die Stasi tätigen IM "L..." Informationen über den Antragsteller weitergegeben.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin. Sie bestreitet insbesondere, dass sie als Informantin für die Stasi tätig gewesen sei. Es sei zwischen den Parteien bei der Eheschließung im Jahr 1990 auch kein Thema gewesen, ob sie für die Stasi gearbeitet habe. Im Übrigen sei die Antragsfrist nicht eingehalten worden, da der Antragsteller bereits im Jahr 1995 Einsicht in die Stasi-Akten genommen habe.
Die Antragsgegnerin beantragt,
das Urteil vom 29.05.2007 abzuändern und den Antrag auf Aufhebung der Ehe abzuweisen sowie im Hinblick auf den hilfsweise gestellten Scheidungsantrag des Antragstellers die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
Der Antragsteller beantragt
die Zurückweisung der Berufung und hilfsweise Scheidung der Ehe.
Er hält die Berufung für unzulässig und aus den Gründen seines erstinstanzlichen Sachvortrags i. V. m. den vorgelegten Auszügen aus der ihn betreffenden Stasi-Akte für unbegründet.
Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil sowie auf das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
B.
Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin ist begründet. Sie führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht. Dieses hat in die sachliche Behandlung des Scheidungsbegehrens beider Parteien einzutreten.
I.
Die Ehe der Parteien ist nicht aufzuheben. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen der §§ 1314 Abs. 1 Nr. 3, 1317 Abs. 1 BGB liegen nicht vor.
1.
Es bestehen bereits Bedenken, ob der Antragsteller die Antragsfrist des § 1317 BGB gewahrt hat.
Nach § 1317 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB kann der Antrag im Falle des vorliegend allein in Betracht kommenden Aufhebungstatbestandes des § 1314 Abs. 1 Nr. 3 BGB nur binnen eines Jahres beginnend mit der Entdeckung des Irrtums oder der Täuschung gestellt werden. Insoweit handelt es sich um eine von Amts wegen zu beachtende Ausschlussfrist. Auf ihre Einhaltung kann nicht verzichtet werden. Die Fristversäumung führt zum Verlust des Aufhebungsrechts und damit zur Unbegründetheit des Aufhebungsantrags.
Für den Fristbeginn des § 1317 Abs. 1 Satz 2 BGB ist die Kenntnis der Tatsachen erforderlich, die das Aufhebungsrecht begründen. Der Antragsteller hat im Senatstermin eingeräumt, dass ihm bereits im Jahr 1995 die volle Einsicht in die ihn betreffenden Stasi-Akten gewährt worden ist. Schon damals waren in diesen Akten sämtliche Unterlagen enthalten, aus denen der Antragsteller heute seine Täuschung durch die Antragsgegnerin im Zeitpunkt der Eheschließung herleitet.
Die vorstehenden Umstände sprechen gegen eine Fristwahrung. Insoweit bedarf es jedoch keiner abschließenden Beurteilung. Für die Senatsentscheidung kommt es im Ergebnis darauf...