Verfahrensgang
LG Cottbus (Aktenzeichen 3 O 118/14) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 16. Juli 2019 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Cottbus, Az. 3 O 118/14, einschließlich des ihm zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Landgericht zurückverwiesen.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 97.917,90 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht mit der Klage Schadensersatz und Schmerzensgeld aus einem Verkehrsunfall vom .... 2011 gegen 5:55 Uhr in der frühen Morgendämmerung auf der Landstraße (X) zwischen W... und G... geltend, der sich zwischen ihrem bei dem Unfall verstorbenen Ehemann als vorfahrtsberechtigtem Fahrradfahrer und dem von der Beklagten zu 1 geführten und bei der Beklagten zu 3 haftpflichtversicherten Fahrzeug ereignet hat, dessen Halter der Beklagte zu 2 ist. Die Beklagte zu 1 macht widerklagend Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend und beantragt die Feststellung der Einstandspflicht der Klägerin für künftige Schäden. Der Beklagte zu 2 begehrt widerklagend den Ersatz wegen Schäden an seinem PKW.
Der Ehemann der Klägerin befuhr die Landstraße (X) aus Richtung W... kommend in Richtung G.... Er trug dunkle Kleidung und eine Warnweste. Die Beleuchtung seines Fahrrades wurde jeweils mit einem Dynamo am Vorderrad und einem Dynamo am Hinterrad betrieben. Der vordere Dynamo war nicht funktionsfähig. Ob der hintere Dynamo funktionstüchtig war, ist zwischen den Parteien streitig. Der Seitendynamo am Hinterrad war nach dem Unfall nicht an den Reifen angelegt. Das Fahrrad war zudem vorn und hinten mit Vorrichtungen für Stecklichter ausgestattet. Es war hinten mit einem Stecklicht beleuchtet. Ob eine vorderseitige Beleuchtung vorhanden war, ist zwischen den Parteien streitig. Rechtsseitig mündete die ...straße auf die Landstraße ein, die von der Beklagten zu 1 befahren wurde. An der Einmündung befand sich ein STOP-Schild. Die Beklagte zu 1 beabsichtigte, von der ...straße links auf die Landstraße (X) in Richtung W... aufzufahren. Dabei verläuft die ...straße in einem spitzen Winkel bezogen auf die Fahrtrichtung des Ehemannes der Klägerin auf die L (X). Die Beklagte zu 1 ordnete sich beim Abbiegevorgang soweit nach links ein, dass sie in der Gegenspur stand. Bei der Auffahrt auf die L (X) stieß die Beklagte zu 1 mit dem Ehemann der Klägerin zusammen. Er wurde bei dem Unfall so schwer verletzt, dass er noch an der Unfallstelle verstarb.
Die Klägerin macht geltend, sie leide immer noch unter dem Tod ihres Ehemannes. Sie begehrt ein Schmerzensgeld, dessen Höhe sie in das Ermessen des Gerichts stellt, das einen Betrag von 5.000 Euro aber nicht unterschreiten solle, den Ersatz eines Haushaltsführungsschadens in Höhe von 16.192,67 Euro, eines Unterhaltsschadens in Höhe von 16.140,95 Euro, sowie die Feststellung, dass die Beklagten auch zukünftig zum Ersatz des Haushaltsführungsschadens und Unterhaltsschadens verpflichtet seien.
Die Beklagte zu 1 macht geltend, dass sie durch den Unfall eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt habe. Sie begehrt ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 15.000 Euro, den Ersatz eines Verdienstausfalls in Höhe von 577,50 Euro und eines Haushaltsführungsschadens in Höhe von 10.909,66 Euro, sowie die Feststellung der Einstandspflicht der Klägerin für künftige weitere materielle und immaterielle Schäden. Der Beklagte zu 2 begehrt widerklagend Schadensersatz für die Höherstufung in der Kaskoversicherung.
Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat durch das am 16. Juli 2019 verkündete "Teil- und Grundurteil" die Klage abgewiesen und die Widerklagen dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Gefährdungshaftung hinter einem überwiegenden Verschulden des Ehemannes der Klägerin zurücktrete. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Fahrrad des Ehemannes der Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls nicht beleuchtet gewesen sei. So habe die Klägerin bezüglich der Beleuchtung des Fahrrades ihres Ehemannes widersprüchlich vorgetragen. Zudem habe der Zeuge Sch... bekundet, dass durch die Polizeibeamten am Unfalltag gezielt nach Teilen der Beleuchtungseinrichtung gesucht worden, eine solche aber nicht aufgefunden worden sei. Auch eine Suche der Sachverständigen R... am Unfallort drei Tage nach dem Unfall sei ergebnislos gewesen. Schließlich habe der Zeuge H... angegeben, dass er den Ehemann der Klägerin am Unfalltag auf dem Weg zur Arbeit überholt und dabei gesehen habe, dass er ohne Licht an seinem Fahrrad unterwegs gewesen sei. Zur Überzeugung des Gerichts stehe weiterhin fest, dass die Beklagte zu 1 das Herannahen des Ehemannes der Klägerin aufgrund des Fehlens einer Beleuchtung nich...