Normenkette

BGB § 138 Abs. 1

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 26. Juli 2018 verkündete Urteil des Landgerichts Neuruppin, Az. 1 O 255/18, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar; der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der aus diesen Urteilen zu vollstreckenden Beträge abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 116.000 EUR

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der notariellen Kaufvertragsurkunde des Notars ... (Urkundenrolle Nummer .../...) vom .... Dezember 2014), weil nach seiner Auffassung der Kaufvertrag bereits sittenwidrig ist, er ihn jedenfalls wirksam angefochten habe. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Verkehrswert des verkauften Grundstücks abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Kläger könne sich nicht mit Erfolg auf die Nichtigkeit des Kaufvertrags berufen. Der objektive Tatbestand des Wuchers nach § 138 Abs. 2 BGB verlange ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Dieses sei nach den Feststellungen des beauftragen Sachverständigen gegeben; danach habe das Grundstück keinen Verkehrswert. Der Verkaufspreis übersteige zudem den Einkaufspreis der Beklagten um das 20fache. Der Kläger habe das Grundstück in der Hoffnung erworben, außerhalb des geltenden Bebauungsplans unter Berufung auf bestehenden Bestandsschutz eine Ausnahmegenehmigung für die Nutzung des aufstehenden Gebäudes zu erhalten. Es handele sich also um ein Rechtsgeschäft mit spekulativem Charakter. Welchen Preis der Kläger als Käufer für angemessen halte, hänge in hohem Maße von seiner persönlichen Einschätzung, seinen Anlagezielen, seinen finanziellen Möglichkeiten und seiner Risikobereitschaft ab. Darauf komme es letztlich aber nicht an, denn es fehle auch am Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen in der Person des Klägers. Die Nichtigkeit des Kaufvertrags ergebe sich zudem nicht aus § 138 Abs. 1 BGB. Die für die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB erforderliche verwerfliche Gesinnung werde tatsächlich vermutet, wenn ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliege. Ein solches besonders grobes Missverhältnis liege bei einem Grundstückskaufvertrag grundsätzlich bereits dann vor, wenn der Kaufpreis knapp das Doppelte des Marktwerts des Grundstücks betrage. Diese Vermutung greife aber nicht ein, wenn es sich bei dem Benachteiligten um einen Kaufmann handele. Dann spreche im Gegenteil eine Vermutung gegen eine verwerfliche Ausnutzung der Unterlegenheit des Benachteiligten. Der Kläger sei Vollkaufmann im Sinne des § 1 HGB. Dies ergebe sich aus den von den Beklagten geschilderten geschäftlichen Tätigkeiten sowie dem Umstand der vom Kläger beabsichtigten gewerblichen Vermietung. Der Kläger habe seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung auch nicht wirksam angefochten und damit gemäß § 142 Abs. 1 BGB rückwirkend in Wegfall gebracht. Eine auf § 119 Abs. 2 BGB gestützte Irrtumsanfechtung sei nicht unverzüglich im Sinne von § 121 Abs. 1 BGB erfolgt. Der Kläger habe unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrags schon am ... Dezember 2014 durch die Übergabe der Anlagen K6 und K7, spätestens aber bei der Besprechung mit Vertretern des Landkreises am 18. Dezember 2014 von dem Bebauungsplan und dem langfristig geplanten Abriss des Gebäudes erfahren. Die erst rund drei Monate später erfolgte Anfechtungserklärung sei nicht mehr unverzüglich. Es bestehe aber auch kein Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung, § 123 Abs. 1 BGB. Die Kammer könne schon keinen gänzlichen Ausschluss einer - gegebenenfalls vorübergehenden - Nutzung als Flüchtlingsunterkunft feststellen. Dies ergebe sich aus den Darstellungen des Besprechungsprotokolls vom 18. Dezember 2014. Der Hinweis im Exposé auf eine bereits zuvor erfolgte Nutzung als Flüchtlingsunterkunft ändere hieran nichts. Dem Kläger sei nämlich der Leerstand des Objekts bekannt gewesen. Er könne sich wegen seiner eigenen, ihm zuzurechnenden Kenntnis, resultierend aus seiner Ortsansässigkeit und der Tätigkeit als Bauunternehmer und Gewerbetreibender vor Ort, nicht auf eine arglistige Täuschung berufen. Zudem sei der Bebauungsplan, aus dem sich die beschränkte Nutzbarkeit des Kaufobjekts als Vorgartenzone und die sich daraus ergebende und auf den Bestandsschutz gestützte Nutzbarkeit ergebe, öffentlich einsehbar. Eine arglistige Täuschung durch Unterlassen komme ebenfalls nicht in Betracht. Der Kläger sei ein erfahrener Geschäftsmann, zu dessen Geschäftstätigkeit unter anderem die gewerbliche Grundstücksbew...

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