Verfahrensgang
LG Potsdam (Entscheidung vom 29.11.2006; Aktenzeichen 8 O 405/06) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das am 29. November 2006 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam, Az.: 8 O 405/06, werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu 47 % und die Klägerin zu 53 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
1.
Berufung und Anschlussberufung sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520, 524 ZPO. Die Berufungsbegründungen genügen den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Beide Parteien begründen ihre Rechtsmittel unter anderem damit, das Landgericht habe bei der Bemessung des Schmerzensgeldes verschiedene Faktoren zu Unrecht einbezogen bzw. unberücksichtigt gelassen. Damit zeigen beide Parteien Umstände auf, die im Bereich der Überprüfung einer Ermessensentscheidung auf eine Rechtsverletzung im Sinne der §§ 513, 546 ZO in jedem Fall zu berücksichtigen sind und auf denen das Urteil auch beruhen kann (vgl. insoweit zur revisionsrechtlichen Überprüfung von Ermessensentscheidungen etwa BGH NJW 1970, S. 2142). Zudem sind auch nach der Neufassung des Berufungsrechts durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.07.2001 Ermessensentscheidungen vom Rechtsmittelgericht in vollem Umfang zu überprüfen (BGH VersR 2006, S. 710).
2.
In der Sache haben beide Rechtsmittel keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend das der Klägerin zustehende Schmerzensgeld mit 22.000,00 EUR bemessen, sodass sich unter Berücksichtigung der vorgerichtlich gezahlten 15.000,00 EUR die zugesprochene Summe von 7.000,00 EUR ergibt.
Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten als Gesamtschuldner folgt aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1, 11 S. 2 StVG, 3 Nr. 1 PflVG, 421 BGB sowie aus §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2, 253 Abs. 1 BGB, 5 Abs. 3 Nr. 2 StVO, 3 Nr. 1 PflVG, 421 BGB, wobei für das streitgegenständliche Unfallgeschehen auf die Rechtslage nach Inkrafttreten des 2. Gesetzes zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19.07.2002 mit Wirkung zum 01.08.2002 abzustellen ist, da der Unfall sich am 26.01.2004 ereignet hat. Die 100%ige Haftung der Beklagten steht nicht im Streit.
Das der Klägerin zustehende Schmerzensgeld bemisst auch der Senat mit 22.000,00 EUR. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist in erster Linie dessen Ausgleichsfunktion zu beachten. Insoweit kommt es auf die Höhe und das Maß der Lebensbeeinträchtigung an. Maßgeblich sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden, Entstellungen und psychischen Beeinträchtigungen, wobei Leiden und Schmerzen wiederum durch die Art der Primärverletzung, die Zahl und Schwere der Operationen, die Dauer der stationären und der ambulanten Heilbehandlungen, den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit und die Höhe des Dauerschadens bestimmt werden (BGH NJW 1995, S. 1675; VersR 1992, S. 1410; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 9. Aufl., Rn. 274 ff). Dabei muss die Entschädigung zu Art und Dauer der erlittenen Schäden in eine angemessene Beziehung gesetzt werden (BGH VersR 1976, S. 968; OLG Hamm MDR 2003, S. 1249). Im Rahmen der psychischen Auswirkungen können neben körperlichen Entstellungen auch Einschränkungen bei der Berufswahl berücksichtigt werden (Küppersbusch, a. a. O., Rn. 277). Auch das Verhalten des Schädigers bei der Schadensregulierung ist zu berücksichtigen, insbesondere eine zögerliche Bearbeitung (OLG Düsseldorf VersR 2004, S. 120; Küppersbusch, a. a. O.). Im Rahmen der bei normalen Straßenverkehrsunfällen nur eingeschränkt zu berücksichtigenden Genugtuungsfunktion ist insbesondere die Schwere des Verschuldens des Schädigers in Ansatz zu bringen (BGH NJW 1955, a. a. O.; NJW 1982, S. 985; VersR 1992, a. a. O.), darüber hinaus ist auch der Anlass der Unfallfahrt zu berücksichtigen, so kommt eine Reduzierung des Schmerzensgeldes etwa bei einer Gefälligkeitsfahrt dann in Betracht, wenn die Geltendmachung eines Schmerzensgeldes in der üblichen Höhe aufgrund der dem Geschädigten erwiesenen Gefälligkeit grob unbillig erscheint (BGH VersR 1955, S. 615; a. A. OLG Hamm VersR 1999, S. 1376).
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin mittels der vorgelegten ärztlichen Untersuchungsberichte, deren inhaltliche Richtigkeit von den Beklagten nicht in Abrede gestellt wird, im Rahmen des insoweit heranzuziehenden § 287 ZPO hinreichend belegt, dass sie ein Schädelhirntrauma 2. Grades, eine Lungenkontusion mit Mantelpneumothorax rechts, eine Leberruptur, eine Nierenparenchymruptur rechts, eine instabile LWK I-Fraktur sowie eine instabile Typ III-Beckenfraktur erlitten hat. Die Klägerin befand sich für einen Monat in stationärer Behandlung im Krankenhaus. Dabei bestand über einen Zeitraum von fünf Tagen Lebensgefahr. Zur Behandlung der Unfallfolgen wurde eine Osteosynthese mit Fixateur intern der LWK I-Fraktur sowie eine Osteosynthese der Beckenfraktur ...