Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Auslegung von Willenserklärungen wegen der Beendigung von Pachtverträgen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Auslegung eines Pachtvertrages bzw. der Abgabe einer Willenserklärung zu dessen Beendigung ist der wirkliche Wille der Parteien zu erforschen. Der Wortlaut ist ein wichtiges Indiz für das, was die Parteien gewollt haben. Er ist neben anderen Umständen zu berücksichtigen, wie dem weiteren Inhalt der Vereinbarung, den Beweggründen für den Abschluss sowie weiteren Erklärungen und dem späteren Verhalten der Parteien.

2. Das Berufungsgericht ist bei der Auslegung von Willenserklärungen nicht an die Vorinstanz gebunden.

3. Befindet sich der anspruchsbegründende Sachverhalt noch in der Fortentwicklung, ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig, auch wenn der Anspruch bereits teilweise beziffert werden könnte.

 

Verfahrensgang

AG Fürstenwalde (Entscheidung vom 23.06.2006; Aktenzeichen 29 Lw 14/05)

 

Gründe

I.

Die Parteien sind benachbarte Landwirtschaftsunternehmen. Sie streiten über die Rückgabe von landwirtschaftlichen Flächen, die die Klägerin der Beklagten aufgrund verschiedener Nutzungsvereinbarungen übergeben hatte, sowie über Schadensersatzansprüche der Klägerin aufgrund der Vorenthaltung der Flächen.

Am 2. Januar 1995 schlossen die Parteien einen Unterpachtvertrag, der regelte, dass die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3 der von beiden Unternehmen angepachteten Fläche zur Nutzung auf eigene Rechnung erhielten.

Unter dem 30. November 1998 schlossen die Parteien einen Vertrag über die Nutzung angepachteter Ackerflächen. Dieser enthält unter anderem folgende Regelungen:

"Präambel

[Die Klägerin] und [die Beklagte] haben aufgrund der Historie ihrer Firmengeschichte unterschiedliche Ackerflächen in den Gemarkungen ..., W..., ... angepachtet. Dabei wurde durch einen Unterpachtvertrag im Jahr 1995 das Flächenverhältnis in der Weise geregelt, dass [die Klägerin] 2/3 ... und [die Beklagte] 1/3 ... der von beiden Unternehmen angepachteten Fläche zur Nutzung auf eigene Rechnung erhielten. Dies vorausgeschickt, werden folgende Festlegungen getroffen:

§ 1 Bei zukünftigen Flächenbewegungen (bonus oder malus), soll ausgehend von der insgesamt genutzten Ackerfläche das Verhältnis 2/3 [Klägerin] und 1/3 [Beklagte] beibehalten bleiben. Damit begründen beide Parteien ein Unterpachtverhältnis über solche Flächen, die von [der Klägerin] an [die Beklagte] (und vice versa) zur Nutzung übergeben werden.

§ 2 ..."

Im Jahr 1999 ging der Teilbetrieb "Milchviehhaltung" der Klägerin im Wege der Abspaltung auf die Beklagte über, die im Jahr 1994 gegründet worden war.

Die Beklagte beauftragte die Klägerin im Rahmen einer Bewirtschaftungsvereinbarung vom 18. Juni 1999 mit der Bewirtschaftung ihrer landwirtschaftlichen Nutzflächen im Rahmen der Pflanzenproduktion. Unter dem 3. März 2002 vereinbarten die Parteien einen "Pflugtauschvertrag", wonach sie sich wechselseitig Grundstücke zur Verfügung stellten. In einer notariellen Urkunde vom 25. April 2002 trafen die Parteien eine "Vereinbarung zur Nutzung von Ackerflächen". In der Urkunde heißt es unter anderem:

"§ 1 Vorbemerkung

Die [Klägerin] und die [Beklagte] haben in den Gemarkungen ..., W..., ... verschiedene Ackerflächen im Gesamtumfang von ca. 1.225 ha angepachtet, wobei über ca. 1.082 ha die Pachtverträge von der [Klägerin] und über ca. 143 ha die Pachtverträge von der [Beklagten] abgeschlossen wurden.

Die Bewirtschaftung dieser Flächen wird im Innenverhältnis zwischen der [Klägerin] und der [Beklagten] durch Unterpachtvertrag vom 02.01.1995, Nutzungsvertrag vom 30.11.1998 und Bewirtschaftungsvereinbarung vom 18.06.1999 in der Weise geregelt, dass die [Klägerin] auf ihre Rechnung 2/3 und die [Beklagte] 1/3 der Gesamtfläche bewirtschaften.

Die Beteiligten wollen an dem Grundsatz 2/3- zu 1/3-Aufteilung festhalten; die Gesellschaften sollen jedoch wirtschaftlich entflochten werden, insbesondere sollen nach Möglichkeit auch im Außenverhältnis die Pachtverträge dieser Aufteilung entsprechend abgeschlossen werden.

Dies vorausgeschickt, erklärten die Erschienenen ... folgendes:

§ 2 Bewirtschaftungsvereinbarung und Lohnarbeitsvertrag

Die Bewirtschaftungsvereinbarung vom 18.06.1999 wird einvernehmlich rückwirkend zum 01.09.2001 aufgehoben.

Die aufgehobene Bewirtschaftungsvereinbarung wird durch den als Anlage 1 zu dieser Urkunde genommenen Lohnarbeitsvertrag ("Werkvertrag") ersetzt, der mit wirtschaftlicher Wirkung ab dem 01.09.2001 die Bewirtschaftung der Ackerflächen regelt.

§ 3 Darlehensverträge

...

§ 4 Pachtverträge

Um der [Beklagten] die Anpachtung von Ackerflächen im Umfang von 1/3 der vorbezeichneten Gesamtfläche zu ermöglichen, verpflichtet sich die [Klägerin] alles Erforderliche zu tun, um in diesem Flächenumfang eine Übernahme der von ihr abgeschlossenen Pachtverträge durch die [Beklagte] zu ermöglichen.

Die Beteiligten, sind sich in diesem Zusammenhang einig, dass die bei der [Klägerin] verbleibenden Flächen (2/3 Anteil) und die auf die [Beklagte] nach der Übernahme der...

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