Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung von § 46 EnWG bei Windkraftanlagen
Leitsatz (amtlich)
1. Gemeinden haben nach § 46 EnWG ihre öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen zur Versorgung von Letztverbrauchern durch Vertrag zur Verfügung zu stellen. Es ist zweifelhaft, ob sich ein Windkraftanlagenbetreiber auf diese Vorschrift mit der Begründung berufen kann, er benötige die Verlegung der Leitung zur gewerblichen Einspeisung von Energie in ein überregionales Netz.
2. Jedenfalls fällt ein nicht dem Verkehr gewidmeter Feldweg als fiskalisches Vermögen der Kommune nicht unter den Begriff "öffentliche Verkehrswege". Dass dieser Weg verwaltungsrechtlich die Erschließung nach BauGB gewährleistet, steht dem nicht entgegen. Für die Erschließung ist nicht zwingend ein gewidmeter Weg erforderlich.
Normenkette
EnWG § 46; BauGB § 35
Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 25.08.2006; Aktenzeichen 52 O 99/05) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.8.2006 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Potsdam - 52 O 99/05 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin befasst sich mit der Errichtung von Windkraftanlagen. Mit der Klage verlangt sie von der beklagten Gemeinde den Abschluss eines Vertrages, mit dem ihr die Verlegung und der Betrieb von Leitungen auf einem der Gemeinde gehörenden Grundstück gestattet wird, um die von den Windkraftanlagen erzeugte Energie in das Netz des Betreibers einspeisen zu können.
Entscheidungsgründe
I. Es wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das LG Potsdam hat mit dem am 25.8.2006 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei nach wie vor zulässig, auch wenn die Klägerin die Windkraftanlagen (kurz: WKA) mittlerweile durch Inanspruchnahme eigener Grundstücke an das Netz des Betreibers angeschlossen habe. Der Rechtsstreit in der Hauptsache habe sich nicht erledigt, weil der Streitgegenstand maßgeblich durch den Klageantrag bestimmt werde. Die Klägerin begehre nach wie vor den Anschluss an das Netz unter Benutzung des streitgegenständlichen Flurstückes.
Die Klage sei unbegründet, weil die Beklagte nicht verpflichtet sei, das Flurstück 9, Flur 3 der Klägerin zur Kabelverlegung zur Verfügung zu stellen. Besagtes Flurstück sei Fiskalvermögen der Beklagten. Die Gemeinden hätten, soweit § 46 EnWG als Anspruchsgrundlage überhaupt herangezogen werden könne, nur die Verpflichtung, "öffentliche Verkehrswege" für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen zur unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet zur Verfügung zu stellen.
Es handele sich bei Flurstück 9 mit der Bezeichnung "N.TV." nicht um einen öffentlichen Verkehrsweg. Es fehle an der nach §§ 2, 6 Brandenburgisches Straßengesetz (BbgStrG) erforderlichen Widmung. Allein der Umstand, dass die N.T. durch Vermögenszuordnungsbescheid nach der deutschen Wiedervereinigung der Beklagten als "öffentlicher Weg" zugewiesen worden sei, begründe nicht die Eigenschaft des öffentlichen Verkehrsweges. Die Klägerin habe auch nicht substantiiert dargelegt, dass zu Zeiten der DDR der Weg bereits existiert habe und öffentlich genutzt worden sei. Die Widmungsfiktion des § 48 Abs. 7 BbgStrG könne daher nicht greifen.
Die Beklagte müsse sieh auch nicht so behandeln lassen, als ob die N.T. wie ein öffentlicher Verkehrsweg genutzt werde. Anhaltspunkte für eine solche Nutzung fehlten. Auch aus § 45 Abs. 1 EEG (Enteignung) ergebe sich der geltend gemachte Anspruch nicht. Die Enteignung bzw. Beschränkung von Grundeigentum komme nur in Betracht, soweit es für die Durchführung des Vorhabens erforderlich sei. Daran fehle es, weil die Klägerin eigene Grundstücke zur Leitungsverlegung habe benutzen können. Aus gleichem Grunde scheide ein Anspruch aus §§ 20, 33 GWB aus
Gegen dieses ihr am 5.9.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 2.10.2006 bei Gericht eingegangene Berufung der Klägerin, welche sie mit dem am 15.12.2006 rechtzeitig innerhalb verlängerter Frist eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihren Antrag auf Abschluss eines Gestattungsvertrages betreffend Kabelverlegung weiter.
Sie meint, die Beklagte sei verpflichtet, ihr gemeindeeigene Wege, seien sie gewidmet oder nicht, zur Anbindung an das Netz des Netzbetreibers zur Verfügung zu stellen. So sei die Gemeinde im Verfahren der Baugenehmigungserteilung gehalten, den streitgegenständlichen Weg zur baurechtlichen Erschließung des Grundstückes der Klägerin zugängl...