Entscheidungsstichwort (Thema)
Abwesenheitspfleger
Leitsatz (redaktionell)
Zu der Wirksamkeit der Einsetzung eines Abwesenheitspflegers und der durch ihn vorgenommenen Handlungen.
Normenkette
FGB § 105 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
LG Cottbus (Urteil vom 19.07.1994; Aktenzeichen 7 O 54/93) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 19. Juli 1994 verkündete Urteil des Landgerichts Cottbus – 7 O 54/93 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klage als unbegründet abgewiesen wird.
Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 18.000,– DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Sicherheit kann jeweils auch durch Bürgschaft eines als Zoll- bzw. Steuerbürgen zugelassenen inländischen Kreditinstitutes oder einer öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Die Parteien streiten über das Eigentum an dem im Grundbuch von L., Bl. 1162, Flur 18, Flurstücke 118 und 127, Flur 20, Flurstück 74 eingetragenen Hausgrundstück.
Im Juli 1921 war als Grundstückseigentümerin Frau Le. im Grundbuch eingetragen. Diese wurde im Jahr 1942 durch Frau G. beerbt. Eine Eintragung im Grundbuch erfolgte nicht. Frau G. lebte in Berlin (später: West-Berlin).
Etwa seit Ende der dreißiger Jahre nutzte die Familie des Ehemannes der Beklagten als Mieter das Grundstück. Seit ihrer Heirat im Jahr 1971 wohnt auch die Beklagte dort.
Frau G. versuchte bis in die fünfziger Jahre, ihr Eigentumsrecht gegenüber den Behörden der DDR durchzusetzen. Unter dem 29. Juni 1950 teilte die Landesregierung Brandenburg, Minister des Innern, dem Bevollmächtigten der Frau G. mit, das Grundstück in L. unterstehe als sogenanntes ehemals reichsfeindliches Vermögen der Verwaltung des Finanzamtes C. Ob eine Rückerstattung an die Eigentümerin in Betracht komme, sei bisher noch nicht entschieden. Das Grundstück wurde verwaltet durch den VEB Kommunale Wohnungsverwaltung in L. und den VEB Gebäudewirtschaft C., die davon ausgingen, es handele sich um Eigentum des Volkes. Der – inzwischen verstorbene – Ehemann der Beklagten versuchte zwischen 1971 und 1975 das Grundstück als vermeintlich volkseigenes zu erwerben. Der Verkauf an ihn scheiterte daran, daß im Grundbuch noch Frau Le. als Eigentümerin eingetragen war und eine Überführung in Volkseigentum nicht stattgefunden hatte.
Am 15.6.1981 beantragte die Beklagte beim Staatlichen Notariat C. die Anordnung einer Abwesenheitspflegschaft für Frau G. zum Zweck des Abschlusses eines Kaufvertrages über einen Teil des Grundbesitzes und zur Vertretung der Frau G. bei der Beantragung eines Aufgebotsverfahrens über den Ausschluß eines Gläubigers. Die Beklagte gab ausweislich des Protokolls der Notarin Ri. vom 15.6.1981 an, sie habe einer Verwandten der Frau G., vermutlich der Tochter, einen Einschreibebrief übersandt, in dem sie um die Erteilung einer Vollmacht zum Verkauf gebeten habe. Der Brief sei weder zurückgekommen, noch habe sie eine Antwort erhalten. Sie beabsichtige erhebliche Werterhaltungsmaßnahmen auf dem Grundstück, weshalb die Regelung der Eigentumsverhältnisse erforderlich sei. Als Pfleger schlug sie Herrn H. K., ihren Steuerbevollmächtigten, vor. Unter dem 15.6.1981 ordnete die Notarin Ri. schriftlich die Abwesenheitspflegschaft gemäß § 105 Abs. 1 b FGB für G., letzter bekannter Wohnsitz Berlin (West), an. Als Pfleger wurde Herr K. eingesetzt. Der Wirkungskreis des Pflegers umfaßte u. a. die Vertretung der Abwesenden beim Abschluß eines Kaufvertrages. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluß vom 15.6.1981 – Az.: 70-5-81 – (Bl. 25 GA) und auf den Ausweis des Pflegers vom 16.6.1981 (Bl. 26 GA) Bezug genommen.
Am 20.6.1982 verstarb Frau G. und wurde vom Kläger als alleinigem Erben beerbt.
Am 29.9.1982 schloß die Beklagte mit Herrn K., handelnd als Abwesenheitspfleger für Frau G., einen notariellen Kaufvertrag über das Grundstück in L. vor der Notarin Ri. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des notariellen Vertrages – Az.: 20-374-82 (Bl. 27 GA) – Bezug genommen. Aufgrund dieses Vertrages wurde die Beklagte am 8.11.1982 als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen.
Unter dem 5.5.1983 hob das Staatliche Notariat C. die Abwesenheitspflegschaft für G. wegen Erfüllung des Wirkungskreises der Pflegschaft auf. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses (Bl. 28 GA) verwiesen.
In der Folgezeit ließ die Beklagte das alte Gebäude abreißen und errichtete auf dem Grundstück ein Wohn- und Geschäftshaus. Sie lebt dort mit ihren beiden Söhnen und betreibt ein Fotogeschäft.
Der Kläger ist der Ansicht, als Erbe der Frau G. Eigentümer des Grundstücks zu sein. Er nimmt die Beklagte auf Herausgabe und Räumung des Grundstückes sowie auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung in Anspruch. Außerdem begehrt er die Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrages vom 29.9.1982.
Die Beklagte hat sich mit Schriftsatz vom 4.11.1991 auf di...