Leitsatz (amtlich)
Schadensersatzanspruch eines Grundstückseigentümers wegen unberechtigter Beseitigung von Bäumen durch Straßenbaubehörde.
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 19.01.2008; Aktenzeichen 12 O 201/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 19.1.2008 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Frankfurt/O., Az.: 12 O 201/07, unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zur gesamten Hand 1.339,34 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.3.2007 sowie weitere 298,69 EUR zu zahlen.
Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner zu 3/4 und der Beklagte zu 1/4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die zulässige, insb. form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang teilweise Erfolg. Ihnen steht als Erbengemeinschaft zur gesamten Hand gegen den beklagten Landkreis gem. § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG ein Schadensersatzanspruch wegen der rechtswidrigen Fällung zweier Eschen auf dem Grundstück ... Straße 21 in L ... i.H.v. insgesamt 1.339,43 EUR zu.
1. Die Amtswalter des Beklagten haben mit der Fällung der Bäume ohne vorherige Aufforderung an die Kläger, die Bäume selbst zu beseitigen, eine Amtspflicht verletzt. Die Fällung der auf dem Grundstück der Kläger befindlichen Bäume stellt eine Eigentumsverletzung i.S.v. § 823 BGB dar und fällt damit als unerlaubte Handlung in den Anwendungsbereich des § 839 BGB, soweit sie nicht gerechtfertigt ist. Ein Rechtfertigungsgrund für die Fällung der Bäume folgt vorliegend nicht aus den Regelungen des Brandenburgischen Straßengesetzes. Zwar dürfen gem. § 26 Abs. 2 BbgStrG Anpflanzungen, die die Sicherheit oder Leichtigkeit des Straßenverkehrs beeinträchtigen, nicht angelegt oder unterhalten werden; sie sind auf schriftliches Verlangen der Straßenbaubehörde von dem nach Abs. 1 Verpflichteten, hier den Klägern als Grundstückseigentümern, binnen angemessener Frist zu beseitigen. Nach Ablauf der Frist kann die Straßenbaubehörde die Anpflanzungen auf Kosten des Verpflichteten beseitigen oder beseitigen lassen. Die Amtspflichtverletzung hätte danach abgesehen von der Frage, ob die Bäume sich in einem Zustand befanden, der ihre vollständige Beseitigung überhaupt erforderte, in der unterbliebenen Aufforderung an die Kläger gelegen, die Bäume innerhalb einer angemessenen Frist selbst zu beseitigen.
Den Amtswaltern des Beklagten fällt auch ein Verschulden zur Last, da sich die Verkennung der Eigentumslage an den Bäumen jedenfalls als leicht fahrlässig darstellt. Der Beklagte selbst behauptet nicht, vor der Fällung Feststellungen zur Eigentumslage getroffen zu haben.
2. Im Gegensatz zur Auffassung des LG ist den Klägern auch ein Schaden entstanden. Dieser beläuft sich auf den Wert des Holzes der gefällten Bäume, an dessen Verwertung die Kläger infolge der Beseitigung durch den Beklagten gehindert waren. Dafür, dass die Bäume wegen der festzustellenden Mängel völlig wertlos waren, bestehen weder nach den Aussagen der vom LG vernommenen Zeugen noch nach dem vom Senat eingeholten Gutachten des Sachverständigen Ga ... Anhaltspunkte. Allerdings ist der den Klägern entstandene Schaden nicht nach den Wiederbeschaffungskosten für die Ersatzanpflanzung entsprechend großer Bäume beziehungsweise einer erlittenen Wertminderung des Grundstücks zu berechnen.
Im Einzelnen gilt zur Schadensberechnung im Streitfall Folgendes:
2.1. Nach der Rechtsprechung des BGH (grundlegend BGH, Urt. v. 13.5.1975 - VI ZR 85/74, zitiert nach juris Rz. 14 ff.) kann der Geschädigte ohnehin nur in Ausnahmefällen die vollen Wiederbeschaffungskosten für zerstörte Bäume ersetzt verlangen. Im Übrigen beschränkt sich sein Ersatzanspruch auf die Wiederbeschaffungskosten, die ein wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch aufwenden würde, sowie einen ggf. darüber hinaus verbleibenden Minderwert des Grundstückes (BGH, a.a.O.).
Im Streitfall steht einer Schadensberechnung auf der Grundlage einer Wertminderung des Grundstücks allerdings entgegen, dass die Bäume aufgrund ihres Zustandes in Bezug auf das Grundstück keinen maßgeblich wertbildenden Faktor (mehr) darstellten.
Allerdings ist den Klägern darin Recht zu geben, dass nach dem Gutachten des Sachverständigen Ga ..., welches der Senat für überzeugend hält, die Fällung der Bäume nicht in dem Sinne erforderlich war, dass allein auf diese Weise eine Gefährdung anderer ausgeschlossen und damit die Verkehrssicherheit gewährleistet werden konnte. Vielmehr geht auch der Sachverständige davon aus, dass in Anbetracht des Befundes - der Stamm war gesund und zeigte keine Zeichen von Pilzbefall oder Fäulnis - die Standsicherheit des Stammes als solchem auch durch einen radikalen Rückschnitt der Krone hätte erreicht werden können. Allerdings wäre in diesem Fall nur ein Torso ...