Leitsatz (amtlich)
Ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich des Ergebnisses der Untersuchung einer Blutprobe, deren Entnahme nach § 81 a Abs. 2 StPO angeordnet worden ist, liegt nur, wenn Gefahr im Verzug - subjektiv oder objektiv - willkürlich angenommen wurde oder ein gleichgewichtiger, besonders schwerer Verfahrensfehler vorliegt. Es lässt sich auch nicht (allein) damit begründen, dass die einschreitenden Polizeibeamten nicht zumindest versucht haben, eine staatsanwaltschaftliche Anordnung zu erlangen.
Verfahrensgang
AG Eberswalde (Entscheidung vom 14.04.2008) |
Tenor
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Eberswalde vom 14. April 2008 mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Eberswalde zurückverwiesen.
Gründe
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht den Angeklagten vom Vorwurf der vorsätzlichen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 Abs. 1 StGB freigesprochen. Nach den Urteilsausführungen reichen die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen nicht aus, um dem Angeklagten die Tat nachzuweisen, weil das Ergebnis einer dem Angeklagten entnommenen Blutprobe nicht verwertet werden könne.
Das Urteil enthält die folgenden Feststellungen:
"Der Angeklagte führte [am 21.11.2007 gegen 16.i0 Uhr in Eberswalde auf der Bergerstraße das Moped, Marke Kynko, Kennzeichen ..........]; er wurde von den Polizeibeamten.....und ............ bei der Ausfahrt aus dem Parkplatz der Firma Plus festgestellt. Bei der Kontrolle der Fahrzeugpapiere wurde [Alkoholgeruch in der] Atemluft bei dem Angeklagten festgestellt. Die daraufhin veranlassten Ermittlungshandlungen führten dazu, dass der hinzutretende Polizeibeamte POM .......... mit dem Angeklagten zur Blutentnahme in das nahe gelegene Klinikum Barnim fuhr. Dort wurde dem Angeklagten um 16.50 Uhr eine Blutprobe entnommen. Die daraufhin durchgeführte Untersuchung durch das Brandenburgische Landesinstitut für Rechtsmedizin ergab nach dem Befundbericht über die Untersuchung auf Ethanolkonzentration vom 26.11.2007, dass die Blutprobe eine Ethanolkonzentration von 2,13 mg/g zum Zeitpunkt der Entnahme hatte."
Zu den näheren Umständen der Anordnung der Blutprobenentnahme enthält das Urteil keine ausdrücklich als solche bezeichneten Feststellungen. Den Urteilsausführungen im Rahmen der Wiedergabe des Inhalts der Aussage des POM .......... in der Hauptverhandlung und den sich daran anschließenden Rechtsausführungen des Amtsgerichts ist jedoch im Wege der Auslegung zu entnehmen, dass das Amtsgericht davon ausgegangen ist, die Blutprobenentnahme sei von POM ......... angeordnet worden. Dieser habe an einen richterlichen Beschluss nicht gedacht und auch keine Mitteilung an die Staatsanwaltschaft getätigt.
Dazu, ob tatsächlich der zuständige Ermittlungsrichter hätte erreicht werden können, enthält das Urteil keine Feststellungen. Nach Auffassung des Amtsgerichts könne dies dahinstehen, weil kein Versuch unternommen worden sei, die richterliche Entscheidung oder die staatsanwaltschaftliche Anordnung zur Blutentnahme tatsächlich herbeizuführen. Da insoweit auch keine entsprechende Dokumentation vorliege, entferne sich die Handlung der Polizeibeamten in nicht mehr ausreichender Weise von dem Nachweis der notwendigen Erfüllung der rechtlichen Voraussetzungen des § 81 a Abs. 2 StPO.
Hiergegen richtet sich die in jeweils zulässiger Weise eingelegte und begründete Sprungrevision der Staatsanwaltschaft, mit der die Verletzung sachlichen Rechts gerügt wird.
Der Senat hebt das angefochtene Urteil mit den zu Grunde liegenden Feststellungen auf ( § 353 StPO) und verweist die Sache an eine andere Abteilung das Amtsgerichts zurück ( § 354 Abs. 2 StPO), weil die Revision der Staatsanwaltschaft begründet ist.
l.
Das Urteil hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil die Urteilsgründe bereits nicht den Anforderungen des § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO genügen. Obwohl das angefochtene Urteil hauptsächlich Rechtsausführungen zur Annahme eines Beweisverwertungsverbots bezüglich des Ergebnisses der Untersuchung der dem Angeklagten entnommenen Blutprobe enthält, hat das Amtsgericht den Angeklagten nicht aus rechtlichen, sondern aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, weil es die von ihm getroffenen Feststellungen zum Nachweis des Tatvorwurfs nicht für ausreichend gehalten hat.
Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen muss das Tatgericht im Urteil zunächst diejenigen Tatsachen feststellen, die es für erwiesen hält, bevor es in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen - zusätzlichen - Feststellungen nicht getroffen werden können. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass das Revisionsgericht prüfen kann, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind, insbesondere, ob der den Entscheidungsgegenstand bildende Sachverhalt erschöpfend gewürdigt ist (BGHR, StPO, § 267 Abs. 5 Freispruch 2, 4, 5 ...