Leitsatz (amtlich)
1. Die nach § 4 Abs. 1 S. 5 Nr. 1b) VerbKrG erforderliche Gesamtbetragsangabe ist nicht nur unvoll-ständig, sondern fehlt, wenn bei Kreditverträgen mit einer längeren Laufzeit als der zunächst vereinbarten Zinsbindungsfrist der Vertrag nur den für die Zeit der Zinsfestschreibung zu erbringenden Teilbetrag ausweist.
2. Ein Verbraucher, der bei einem Anlagegeschäft ein Widerrufsrecht trotz ordnungsgemäßer Belehrung nicht ausübt, tut dies regelmäßig bewusst. Hierbei bezieht er normalerweise auch die wirtschaftlich damit eng verbundene Finanzierungsentscheidung in seine Überlegungen mit ein (vgl. BGH, Urt. v. 9.5.2006 - XI ZR 114/05 = BKR 2006, 405).
3. Der Gebührenstreitwert einer negativen Feststellungsklage über ein Darlehn ist nach dem vollen Wert der noch offenen Darlehensvaluta zu bemessen. Die nach dem Darlehensvertrag zu zahlenden Zinsen erhöhen den Streitwert der negativen Feststellungsklage nicht.
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 16.11.2005; Aktenzeichen 14 O 76/05) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Frankfurt/O. vom 16.11.2005 - 14 O 76/05 - teilweise abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Klägerin aus dem Darlehensvertrag vom 13.2./23.2.1997 zur Kontonummer 301.24.4063-6 anstelle der vertraglich vereinbarten Zinsen lediglich Zinsen i.H.v. 4 % jährlich schuldet. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hatte die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, einschließlich der Kosten der Streithelferin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils für die Gegenseite vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor ihrer Vollstreckung i.H.v. 120 % des für sie vollstreckbaren Betrages Sicherheit leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche, unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt die Rückabwicklung eines Darlehens, das ihr die Rechtsvorgängerin der Beklagten (fortan: Beklagte) zur Finanzierung der Beteiligung an einem Immobilienfonds gewährt hat, die Feststellung seines Nichtbestehen und die Feststellung des Nichtbestehens von Zinszahlungs- und Tilgungspflichten.
Die Klägerin, eine damals 30-jährige Krankenschwester und ihr früherer Mann, ein damals 31-jährige Angestellter, wurden im Januar 1997 von einem Vermittler geworben, sich an einem in Form einer Kommanditgesellschaft betriebenen geschlossenem Immobilienfonds zu beteiligen. Sie unterzeichneten am 29.1.1997 einen Antrag auf Eintritt in eine KG mit einer Kommanditeinlage von 40.000 DM (vgl. Bl. 6 der Gerichtsakte), die nach einer Gesprächsnotiz des Vermittlers gleichen Datums finanziert werden sollte (vgl. Bl. 130 der Gerichtsakte). Nach einem undatierten Auftragsbeiblatt des Vermittlers übergaben sie diesem zwei letzte Einkommenssteuerbescheide sowie Kopien des Personalausweises (vgl. Bl. 13 der Gerichtsakte). Den von der Rechtvorgängerin der Beklagten am 13.2.1997 erstellten und unterschriebenen Darlehensvertrag unterzeichneten die Klägerin und ihr Ehemann, nachdem die KG ihre Beitrittserklärung am 14.2.1997 angenommen hatte (vgl. Bl. 6 rück der Gerichtsakte), am 23.2.1997 zur Finanzierung ihres Beitritts (vgl. Bl. 7 ff. der Gerichtsakte), gemeinsam mit einem Legitimationsprüfungsbogen (vgl. Bl. 12 der Gerichtsakte), da es sich um einen Erstkontakt zwischen den Kreditvertragsparteien handelte.
Der Darlehensvertrag führt einen Nennbetrag von 40.000 DM auf, eine Darlehenslaufzeit bis zum 30.3.2012, eine Zinsfestschreibung bis zum 30.3.2007 und einen Nominalzinssatz von 8,65 % p. a. Bei einer Tilgung von 3,21 % beginnend ab dem 1.3.1997 nennt der Vertrag als Gesamtbetrag einen Abschnittsgesamtbetrag von 47.439,60 DM. Die Restschuld bei Ablauf der Zinsfestschreibung beträgt nach dem Vertrag 19.699,39 EUR. Der Darlehensvertrag war zur sichern durch stille Abtretungen aus Arbeitseinkommen und Sozialleistungen der Darlehensnehmer sowie durch Verpfändung des finanzierten Fondsanteils. Das Darlehen wurde zur Finanzierung der Beteiligung an der KG gewährt und an eine Fondstreuhandgesellschaft valutiert. S. 5 des Darlehensvertrages (vgl. Bl. 11d. Ga) enthält eine Widerrufsbelehrung, die auszugsweise lautet:
"Der Lauf der (Widerrufs-) Frist beginnt mit der Aushändigung eines Exemplars dieser Belehrung, die vom Darlehensnehmer auf einem weiteren, bei der Bank verbleibenden Exemplar zu unterschreiben ist... Im Falle des Widerrufs des Darlehensvertrages kommt auch die Beteiligung im geschlossenen Immobilienfonds nicht wirksam zustande. Ist das Darlehen vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits durch Überweisung an die Fondsgesellschaft ausbezahlt worden, ist die Rückzahlung dieses Betrages durch den Darlehensnehmer nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit des Widerrufs."
Mit Schreiben vom 8.3.2004 (v...