Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlende Gegenseitigkeit bei Aufrechnung
Leitsatz (amtlich)
1. Verkaufen zwei Verkäufer mehrere Grundstücke, ohne dass ersichtlich wäre, dass es sich um zwei getrennte, nur aus Zweckmäßigkeitsgründen in einer notariellen Urkunde zusammengefasste Kaufverträge gehandelt hätte, schuldet der Käufer nicht jedem Verkäufer einen separaten Kaufpreis, sondern beiden Verkäufern gemeinsam einen Gesamtkaufpreis.
2. Liegt keine vertraglich angeordnete Gesamtgläubigerschaft der Verkäufer vor, kann der Käufer ggü. dem Kaufpreisanspruch mit einer ihm gegen nur einen Verkäufer zustehenden Forderung mangels Gegenseitigkeit der Forderungen nicht aufrechnen.
Normenkette
BGB §§ 389, 420, 428, § 741 ff.
Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 10.11.2005; Aktenzeichen 2 O 62/05) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 10.11.2005 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Potsdam - 2 O 62/05 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand
Die Klägerin schloss mit den Beklagten am 29.9.2000 einen notariellen "Grundstückskaufvertrag mit Auflassung" ab. Kaufgegenstand war gem. § 2 des Vertrages eine Reihe von Grundstücken, als deren Eigentümerin die Beklagte zu 2) im Grundbuch eingetragen war. Tatsächlich stand ihr das Eigentum allerdings nach Ausgliederung der Beklagten zu 1) und Übergang der ausgegliederten Teile des Bahnvermögens auf die Beklagte zu 1) nur noch an einer Teilfläche von 6.158 zu. Gemäß § 3 des Vertrages betrug der Nettokaufpreis 283.817 DM, wovon auf die im Eigentum der Beklagten zu 2) verbliebene Teilfläche ein Betrag von 3.817 DM und auf die Flächen der Beklagten zu 1) ein Betrag von 280.000 DM entfielen. Der Nettokaufpreis war gem. § 3 des Vertrages zuzüglich der Grunderwerbs- und der Umsatzsteuer in einer Rate von 73.817 DM und drei weiteren Raten von je 72.241,70 DM auf das - nach unstreitigem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten zu 2) gehaltene Konto ... bei der D.-Bank - zu zahlen. In einem weiteren notariellen Vertrag vom 20.12.2000 änderten die Parteien die Fälligkeitsregelung bezüglich der Kaufpreisraten.
Die Klägerin hat den Kaufpreis bis auf einen Restbetrag von 52.562.37 EUR gezahlt; einen Betrag in Höhe des rechnerisch auf die Teilfläche der Beklagten zu 2) entfallenden Teils des Kaufpreises hat sie am 26.11.2004 mit der ausdrücklichen Bestimmung gezahlt, dass damit die Kaufpreisforderung der Beklagten zu 2) getilgt werden solle.
Gegen die Vollstreckung wegen des noch nicht gezahlten Kaufpreisteils wendet sich die Klägerin mit der Vollstreckungsgegenklage. Sie hat die Auffassung vertreten, die titulierte Restkaufpreisforderung sei durch eine von ihr - der Klägerin - erklärte Aufrechnung mit einer den Restkaufpreis übersteigenden Gegenforderung erloschen. Diese Forderung stehe ihr gegen die Beklagte zu, weil diese von ihr unter Verstoß gegen Vorschriften des GWB überhöhte Netznutzungsentgelte verlangt habe und zur Erstattung des zu viel Gezahlten gem. § 812 BGB verpflichtet sei.
Die Klägerin hat beantragt, die Zwangsvollstreckung aus den notariellen Urkunden des Notars ... vom 29.9.2000 und vom 20.12.2000 für unzulässig zu erklären.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie haben die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen der Aufrechnung lägen nicht vor. Im Übrigen stehe der Klägerin die zur Aufrechnung gestellte Forderung aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, es fehle jedenfalls an der für die Aufrechnung erforderlichen Gegenseitigkeit der Restkaufpreisforderung und der von der Kläger zur Aufrechnung gestellten Bereicherungsforderung. Die Restkaufpreisforderung stehe den Beklagten mangels gesetzlicher Anordnung oder vertraglicher Vereinbarung nicht als Gesamtgläubigern i.S.d. § 428 BGB zu, sondern als Mitgläubigern i.S.d. § 432 BGB, so dass die Zahlung nicht befreiend an eine der Beklagten, sondern nur an beide Beklagte erfolgen könne.
Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 14.11.2005 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 14.12.2005 beim Berufungsgericht eingegangenen und nach Fristverlängerung bis zum 14.2.2006 mit am 14.2.2006 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründeten Berufung.
Sie vertritt die Auffassung, die Beklagten seien nicht Mitgläubiger. Fehlerhaft und unter Außerachtlassung des § 420 BGB sei das LG von der rechtlichen Unteilbarkeit der Kaufpreisforderung ausgegangen. Aus der Aufteilung der Kaufpreissumme auf die von der Beklagten zu 1) und die der Beklagten zu 2) jeweils zu übertragenden Flächen müsse geschlossen werden, dass nur die ausgewiesenen Teilpreise jeweils der ei...