Leitsatz (amtlich)

Bei einer Sicherungsgrundschuld setzt die Anwendung von § 1192 Abs. 1a S. 1 BGB auf nachträgliche Vereinbarungen, die Gegenstand des ursprünglichen Sicherungsvertrages hätten sein können, voraus, dass sich ein besonderes Risiko der Übertragung gerade einer Sicherungsgrundschuld realisieren könnte (verneint bei nachträglicher Vollstreckungsvereinbarung).

 

Normenkette

BGB §§ 1157, 1192 Abs. 1a; ZPO § 767

 

Verfahrensgang

LG Neuruppin (Urteil vom 13.04.2012; Aktenzeichen 1 O 369/11)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 13.4.2012 verkündete Urteil des LG Neuruppin, Az. 1 O 369/11, abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils aufgrund dieses Urteils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 20.451,68 EUR

 

Gründe

I. Der klagende Insolvenzverwalter wendet sich mit der Vollstreckungsgegenklage gegen die Vollstreckung des Beklagten aus einer Grundschuldbestellungsurkunde in ein im Alleineigentum des Schuldners stehenden Grundstücks und beruft sich insoweit auf eine mit der Rechtsvorgängerin des Beklagten geschlossene "Verwertungsvereinbarung". Der Schuldner ist Alleineigentümer des im Grundbuch von N. Blatt 832 eingetragenen Grundstücks und mit H. F. Miteigentümer zu ½ des im Grundbuch von N. Blatt 7182 eingetragenen Grundstücks. Wegen der Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das LG hat die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuldbestellungsurkunde bis zum Abschluss des Zwangsversteigerungsverfahrens - 7 K 53/11 für unzulässig erklärt. Zur Begründung hat es ausgeführt, aus der Verwertungsvereinbarung vom 13.6.2007 ergebe sich, dass eine vorrangige Befriedigung aus dem auf Grundbuchblatt 7812 verzeichneten Grundbesitz erfolgen werde. Der Beklagte und die weiteren Forderungserwerber seien ausweislich der Vereinbarung mit der ... Bank vom 4.5.2009 in diese Verwertungsvereinbarung eingetreten, auf Kenntnis komme es nicht an. Weder dem Schuldner noch dem Kläger sei es anzulasten, dass die ... Bank durch Übertragung der Grundpfandrechte auf verschiedene Personen dafür sorgte, dass der Beklagte jedenfalls derzeit nicht aus der Buchgrundschuld im Grundbuch Blatt 832 vorgehen kann. Die Verwertungsvereinbarung sei weder unwirksam noch ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter.

Der Beklagte beanstandet mit der Berufung, dem Urteil seien die Voraussetzungen einer wirksamen Schuld- bzw. Vertragsübernahme i.S.d. §§ 414 f. BGB nicht zu entnehmen. Selbst wenn die Vereinbarung vom 4.5.2009 Schutzwirkung auch für den Kläger hätte, könnte dieser allenfalls auf die Geltendmachung von Schadensersatz verwiesen werden. Bei Abschluss der Vereinbarung vom 4.5.2009 habe der Beklagte von der Verwertungsvereinbarung vom 13.6.2007 keine Kenntnis gehabt und mit ihr auch nicht rechnen müssen. Die Regelung, wonach eine Verwertung des Grundpfandrechts von der Möglichkeit der vollständigen Befriedigung aus einem anderen, ihm nicht zustehenden Grundpfandrecht abhängig sein soll, sei überraschend und wäre von ihm nicht vereinbart worden. Die Verwertungsvereinbarung stelle auch einen unzulässigen Vertrag zu Lasten eines Dritten dar. Die Festlegung einer Verwertungsreihenfolge unter gleichzeitiger Übernahme der Verpflichtung zur Einhaltung gegenüber dem Kläger stelle sich als zusätzliche Belastung der Frau H. F. als Miteigentümerin dar, da damit die vorrangige Verwertung des in ihrem Miteigentum stehenden Grundstücks festgeschrieben worden sei; dies stelle eine zusätzliche Belastung ihres Vermögens dar. Das gelte auch für die Regelung in der Verwertungsvereinbarung, wonach ein Restbetrag des Kaufpreises i.H.v. 30.000 EUR zugunsten der Masse freigegeben werden sollte. Durch diese vereinbarte Verhinderung der Restschuldreduzierung habe die Vereinbarung der vorrangigen Befriedigung der ... Bank an der im Miteigentum der Frau F ... stehenden Immobilie zu einer entsprechenden Belastung von deren Miteigentumsanteil geführt. Der Kläger habe durch die Verwertungsvereinbarung mithin den freigegebenen Betrag i.H.v. 30.000 EUR hälftig zur Haftung auf die Miteigentümerin übertragen. Es sei ihm deshalb verwehrt, sich gegenüber dem Beklagten auf die Verwertungsvereinbarung vom 13.6.2007 zu berufen.

Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 13.4.2012 verkündeten Urteils des LG Neuruppin die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und meint, der Beklagte müsse sich die Vereinbarungen des vorherigen Sicherungsgebers gem. § 1192 Abs. 1a BGB entgegenhalten lassen, zumal in der Vereinbarung vom 4.5.2009 ausdrücklich sämtliche Sicherungsabreden übernommen worden...

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