Leitsatz (amtlich)
1. Eine Genossenschaft, die Wohnraum zum Zweck der Privatisierung zu erwerben beabsichtigt, kann im Falle des Abbruchs der Vertragsverhandlungen durch den Veräußerer nicht Schadensersatz für Aufwendungenverlangen, die sie bis zur Klärung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 S. 1 ASHG getätigt hat.
2. Verbindlichkeiten der Vorgründungsgenossenschaft gehen nicht ohne weiteres auf die Vorgenossenschaft und sodann auf die Genossenschaft über.
Verfahrensgang
LG Cottbus (Urteil vom 14.11.2002; Aktenzeichen 2 O 200/01) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Cottbus vom 14.11.2002 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherung in gleich Höhe leistet.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Erstattung von Aufwendungen, die die W. e.G. (im Folgenden: Schuldnerin) im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Privatisierung von Wohnraum getätigt hat.
Am 24.1.2003 ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt worden.
In erster Instanz ist der Rechtsstreit auf Klägerseite von der Schuldnerin geführt worden.
Die Schuldnerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 490.949,71 Euro nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 7.6.2002 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrages wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das LG hat durch Urteil vom 14.11.2002 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (im Folgenden: c.i.c.) bestünden nicht. Der Abbruch der Vertragsverhandlungen durch die Beklagte sei nicht pflichtwidrig erfolgt, da mit dem 1999 erfolgten Altschuldenerlass unter Freistellung von der Privatisierungsverpflichtung ein triftiger Grund hierfür vorgelegen habe. Auch würde durch eine Zuerkennung von Schadensersatzansprüchen die Formvorschrift des § 313 BGB unterlaufen. Zudem sei nicht nachvollziehbar dargetan, dass die geltend gemachten Aufwendungen im Vertrauen auf einen bevorstehenden Vertragsschluss ausgelöst worden seien. Für die Kosten der Mieterbefragung komme dies nicht in Betracht, da durch die Befragung erst habe geklärt werden sollen, ob die erforderlichen Privatisierungsquoten erreicht werden konnten. Vor diesem Hintergrund komme auch eine Erstattung durch das Ingenieurbüro O. GmbH erbrachter Planungsleistungen nicht in Betracht, nachdem der dem zugrunde liegende Vertrag bereits am 17.4.1997 und damit noch vor der Mieterbefragung geschlossen worden sei. Auch seien die durch das Ingenieurbüro O. GmbH durchgeführten Arbeiten nicht hinreichend dargetan. Eine Schlussrechnung liege nicht vor; aus den eingereichten Objekthonorarblättern seien die erbrachten Leistungen nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin weitere Kosten für in Auftrag gegebene Arbeiten i.H.v. 133.900 DM nenne, seien diese ebenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt.
Gegen dieses Urteil, das der Schuldnerin am 27.11.2002 zugestellt worden ist, hat die Schuldnerin am 23.12.2002 Berufung eingelegt. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 27.2.2003 hat der Kläger an diesem Tage die Aufnahme des Rechtsstreits angezeigt und die Berufung begründet.
Der Kläger trägt vor, die Rechnungsforderung des Zeugen F. O. belaufe sich auf 266.955,50 DM abzgl. einer Vorauszahlung von 20.000 DM, sodass ein Betrag i.H.v. 126.266,34 Euro offenstehe. Der Ingenieurbüro O. GmbH stünden Ansprüche i.H.v. 732.284,97 DM, umgerechnet 374.411,36 Euro, zu.
Der Kläger beantragt, das am 14.11.2002 verkündete Urteil des LG Cottbus abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 500.677,70 Euro nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 490.949,71 Euro ab 7.6.2003 und aus weiteren 9.727,99 Euro ab 16.7.2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zwar ist die Klage zulässig, was insb. für die in der Berufungsbegründung vorgenommene Klageerweiterung gem. §§ 264 Nr. 2, 525 ZPO gilt (Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 520 ZPO Rz. 10; § 531 ZPO Rz. 24). Sie ist jedoch unbegründet, da Ansprüche der Schuldnerin gegen die Beklagte aus c.i.c. nicht erkannt werden können.
Ansprüche aus c.i.c. unter dem - hier einzig in Betracht kommenden - Gesichtspunkt des Abbruchs von Vertragsverhandlungen setzen voraus, dass eine Partei in zurechenbarer Weise Vertrauen auf das Zustandekommen eines Vertrages erweckt hat und sodann ohne triftigen Grund die Verhandlungen beendet (BGH v. 7.2.1980 - III ZR 23/78, BGHZ 76, 343 [349] = MDR 1980, 653 = NJW 1996, 1884 [1885]; ...