Leitsatz (amtlich)
1. Dient die Abtretung von Gewährleistungsansprüchen als bloßes Erfüllungssurrogat für eine Verbindlichkeit der Zedentin, so lebt diese Verbindlichkeit wieder auf, soweit sich die zedierten Gewährleistungsansprüche als wertlos oder mit verkehrserforderlicher Sorgfalt nicht sicher durchsetzbar erweisen.
2. Schäden an Dach und Fach erfassen nach allgemeinem mietrechtlichen Sprachgebrauch Dachsubstanz und tragenden Gebäudeteile (vgl. Kraemer, in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III, Rz. 1080 m. w. N) einschließlich tragende Wände mit Außenfassade (vgl. Fritz, Gewerberaummietrecht, 4. Aufl. Rz. 229b).
3. Das nachvertragliche Verhalten einer Vertragsparteien kann Indizwert für die Vertragsauslegung haben.
4. Zur Auslegung der Erklärung einer Haftungsübernahme.
5. Bei langfristigen und wichtigen Verträgen wird die konstitutive Schriftformvereinbarung widerleglich vermutet.
6. Die Verjährung einer übernommen Schuld richtet sich nach dieser und läuft nach dem Schuldbeitritt weiter.
7. Zur verjährungsrechtlichen Sekundärhaftung eines Architekten.
8. Ein Architektenwerk ist mangelhaft, wenn das Bauwerk mangelhaft ist und dies durch die objektiv mangelhafte Erfüllung einer Architektenaufgabe verursacht ist. Der Architekt schuldet in diesen Fällen Schadensersatz, wenn er die mangelhafte Erfüllung seiner Architektenaufgabe zu vertreten hat (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 11.1.2000 - 11 U 197/98 = BauR 2001, 283).
9. Ein Privatgutachten, das nach Art, Aufbau und Güte einem Gerichtsgutachten gleichkommt, kann eine richterliche Überzeugung (§ 286 ZPO) tragen.
10. Eine Prozesspartei kann bei eigenem Wissen nicht das Nichtwissen eines Streitverkündeten nach § 138 Abs. 4 ZPO für sich beanspruchen.
Andernfalls hätte sie es in der Hand, durch Streitverkündungen an schlechter informierte Dritte und nach deren Beitritt die sie selbst treffenden Erklärungspflichten zu umgehen.
11. Maßgeblich für die Einhaltung der annerkannten Regeln der Technik ist deren Stand zur Zeit der Abnahme.
12. Die Sorgfaltsanforderungen an den Architekten bei der Bauüberwachung richten sich nach den Umständen des Einzelfalles und sind um so höher, je wichtiger der Bauabschnitt und die Brauchbarkeit des Materials für das Gelingen des ganzen Werkes sind. Isolierungs- und Abdichtungsarbeiten gehören zu dem Baugeschehen, dem ein Architekt stets besondere Aufmerksamkeit widmen muss.
13. Außenputzarbeiten an einem den Witterungseinflüssen ausgesetzten Baukörper mit entsprechenden Winkeln, Stufungen und erheblichen Vertikalflächen stellen keine handwerklichen Selbstverständlichkeiten dar (vgl. OLG Brandenburg, Urt. v. 1.2.2007 - 12 U 138/06 = NZBau 2007, 723).
14. Auch bei Innenputzarbeiten und vergleichbaren Bauleistungen sind Stichproben und Kontrollen am Ende der Arbeiten erforderlich.
15. Sind dem Architekten sämtliche Architektenleistungen, einschließlich der Leistungsphase 9 Objektbetreuung und Dokumentation, in Auftrag gegeben, dann kann die konkludente Billigung der Architektenleistung frühestens nach der letzten Handlung des Architekten aus der Leistungsphase 9 geschehen. In aller Regel ist dies die Objektbegehung zur Mängelfeststellung vor Ablauf der Verjährungsfristen für Mängelansprüche ggü. den bauausführenden Unternehmen.
16. Die Vorverlegung der Verjährungsfrist für Ansprüche gegen einen Architekten auf den Zeitpunkt der VOB-Abnahme in AGB begegnet Bedenken.
17. Nimmt ein Streithelfer seine Nebenintervention zurück, so hat er entsprechend § 269 Abs. 3 S 2 ZPO die damit verbundenen Kosten zu tragen (Anschluss an RGZ 61, 286, 289) .
Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 22.02.2008; Aktenzeichen 6 O 225/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Abänderung des Urteils des LG Potsdam vom 22.2.2008 - 6 O 412/05 - festgestellt, das die Klage erledigt ist und die gegen sie gerichtete Widerklage abgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten zu 2) und ihrer Streithelferin zu 1) wird unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Berufung das Urteil des LG Potsdam vom 8.2.2008 - 6 O 225/06 - aufgehoben und die Sache unter Aufhebung des Verfahrens zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen, soweit es zu lasten der Beklagten zu 2) und ihrer Streithelfer entschieden hat.
Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) zu tragen.
Die Streithelferin zu 19) der Beklagten zu 2) hat die Kosten ihrer Nebenintervention zu tragen.
Die Kostenentscheidung im Übrigen bleibt dem LG vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten zu 1) durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils für die Beklagte zu 1) vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht diese vor ihrer Vollstreckung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche, unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.
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