Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 01.06.2006; Aktenzeichen 14 O 588/04) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 1. Juni 2006 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 14 O 588/04, wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsrechtszuges trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt mit ihrer am 30. Dezember 2004 beim Landgericht Frankfurt (Oder) eingegangenen und am 2. Februar 2005 zugestellten Klage die Bundesrepublik Deutschland aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes D... M... auf Zahlung von Schmerzensgeld sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige materielle und immaterielle Schäden in Anspruch mit der Behauptung, ihr Ehemann habe im Rahmen seines früheren Dienstverhältnisses zur Nationalen Volksarmee (NVA) in der Zeit vom 30. November 1954 bis zum 31. Oktober 1969 durch seinen Einsatz an Radargeräten gesundheitliche Schäden erlitten.
Hierzu hat die Klägerin unter anderem behauptet, ihr Ehemann sei während seiner Dienstzeit als Berufssoldat in der Volksmarine an verschiedenen Rundsichtstationen, der Feuerleitanlage BURUN, dem Hydrogerät Tamir 10 und - im Rahmen der Erprobung - an einem Spezialradar eingesetzt gewesen. Er sei dabei Radarstrahlung und/oder Röntgenstörstrahlung (Hochfrequenz-[HF-]Strahlung sowie ionisierender Strahlung) ausgesetzt gewesen. Die Strahlenexposition sei deshalb besonders groß gewesen, weil Fehlersuche und Reparaturen bei laufendem und geöffnetem Gerät vorgenommen worden seien. Eine Belehrung sei seinerzeit nicht erfolgt, Schutzmaßnahmen seien nicht angeordnet worden.
Die Klägerin hat weiter behauptet, bereits Ende der 70'er bis Mitte der 80'er Jahre des letzten Jahrhunderts sei eine ständige Verschlechterung der Stimme ihres Ehemannes mit Rachenrötung und Schleimbelag bis zum Stimmzusammenbruch diagnostiziert worden. Schließlich sei bei ihrem Ehemann ein Karzinom des linken Stimm- und Taschenbandes sowie unterhalb des Stimmapparates aufgetreten, das 1991 und erneut 1995 operativ und jeweils mit anschließender Bestrahlung behandelt worden sei. Diese Erkrankungen seien auf die Strahlenexposition während seiner Dienstzeit in der NVA zurückzuführen.
Auf den Antrag des Ehemannes der Klägerin vom 23. Januar 2001 ist die Krebserkrankung mit Bescheid vom 20. August 2004 als Dienstbeschädigung anerkannt und ein Dienstbeschädigungsausgleich gewährt worden.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 839 Abs. 1 BGB sowie nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Staatshaftung in der Deutschen Demokratischen Republik (Staatshaftungsgesetz, StHG, vom 12. Mai 1969, GBl. DDR I S. 34) gegeben seien und die Beklagte hierfür nach Art. 21 Abs. 1 des Einigungsvertrages einzustehen habe. Die Haftung nach § 1 Abs. 1 StHG folge daraus, dass die Tätigkeit ihres Ehemannes an den technischen Einrichtungen auf Befehl dessen Dienstvorgesetzter zum Zwecke der Landesverteidigung erfolgt sei, sodass sein Einsatz auf eine Tätigkeit staatlicher Organe in Ausübung staatlicher Tätigkeit zurückzuführen sei. In den Artikeln 21 ff. des Einigungsvertrages sei zwar eine Universalsukzession der Beklagten in das Vermögen der DDR nicht geregelt; Art. 21 Abs. 1 Satz 1 Einigungsvertrag enthalte jedoch eine gegenständlich beschränkte Einzelrechtnachfolge im Hinblick auf Vermögenswerte, die unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben dienten. Dies sei im Hinblick auf die nach der Behauptung der Klägerin von der Beklagten als NVA-Vermögen übernommenen technischen Geräte der Fall, weil die gesundheitliche Schädigung durch den Aufenthalt im unmittelbaren Gefahrenbereich der technischen Anlagen aufgetreten sei.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und die Auffassung vertreten, dass für Ansprüche von Soldaten der NVA gegenüber der DDR als Dienstherrn das Staatshaftungsgesetz überhaupt nicht anzuwenden sei. Ferner sei mit dem Anspruch auf Dienstbeschädigungsausgleich eine anderweitige und den Anspruch nach § 3 Abs. 3 StHG ausschließende Ersatzmöglichkeit gegeben. Verbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung seien grundsätzlich keine Vermögenswerte, welche als unmittelbar mit positiven Vermögenswerten im Zusammenhang stehende Positionen gemäß Art. 21 Abs. 1 des Einigungsvertrages auf sie übergegangen seien. Dies entspreche sowohl dem Willen der Parteien des Einigungsvertrages als auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der einen solchen unmittelbaren Zusammenhang für Schadenersatzansprüche stets abgelehnt habe.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen und des weiteren Parteivorbringens wird im Übrigen verwiesen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.
Mit d...