Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 01.06.2006; Aktenzeichen 14 O 292/04)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 1. Juni 2006 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 14 O 292/04, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt Schmerzensgeld sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz für zukünftige Schäden und Schmerzensgeldansprüche aus - von ihrem Ehemann als (im Folgenden:) Geschädigten - abgetretenem Recht wegen Strahlenschäden aus dessen NVA-Dienstzeit. Wegen des festgestellten Sachverhalts wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils verwiesen ( § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Ergänzend ist Folgendes festzustellen:

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei passivlegitimiert, da sie das gesamte Verwaltungs- und Finanzvermögen der NVA der ehemaligen DDR übernommen sowie finanziell verwertet habe. Die übergegangenen Aktiva stünden den damit ebenfalls übergegangenen Passiva spiegelbildlich gegenüber.

Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, bezüglich der Radargeräte sei eine Vermögensübernahme in tatsächlicher Hinsicht nicht erfolgt. Denn sie habe insofern keinen Übernahmewillen gehabt, selbst wenn die Geräte bis zu ihrer endgültigen Aussonderung noch weiter betrieben worden wären. Da die Anlagen nicht den Verteidigungsaufgaben der Beklagten gedient hätten, seien sie auch nicht als übernommenes Verwaltungsvermögen zu qualifizieren.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht Frankfurt (Oder) die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, Ansprüche aus § 839 BGB oder § 1 StHG DDR seien nicht gegeben. § 839 BGB habe in der DDR faktisch keine Anwendung gefunden; jedenfalls sei ein Anspruch hieraus nach § 11 EGZGB, § 475 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB mit Ablauf des 31. Dezember 1985 verjährt. Ein Anspruch aus § 1 StHG sei abzulehnen, da der persönliche Anwendungsbereich auf den Geschädigten als Angehörigen der NVA nicht eröffnet gewesen sei. Auch dieser Anspruch sei jedenfalls nach § 4 Abs. 1, Abs. 2 StHG verjährt. Die Verjährungsfrist habe hierbei angesichts des Antrags des Geschädigten vom 27. Juni 2001, aus dem sich die Kenntnis von den wesentlichen Umständen ergebe, an diesem Tag begonnen. Die Frist sei auch nicht im Hinblick auf den vorgenannten Antrag unterbrochen worden, da darin keine Schadensersatzansprüche geltend gemacht worden seien. Ungeachtet dessen hätte die Frist nach Beendigung der Unterbrechung am 1. Juli 2001, spätestens nach Ablehnung der Ansprüche am 9. Januar 2002, neu zu laufen begonnen, sodass auch insofern die Verjährungsfrist vor Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags abgelaufen gewesen sei. Dies gelte selbst dann, wenn von einer sechsmonatigen Hemmung der Verjährung nach Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB in Verbindung mit § 204 Abs. 2 BGB (n. F.) auszugehen sei. Hieran ändere auch die fehlende Rechtsmittelbelehrung in dem Schreiben der Beklagten vom 9. Januar 2002 nichts. Auch bei Berechnung der Verjährung nach Art. 231 § 6 EGBGB in Verbindung mit § 852 BGB (a. F.) sei die Verjährungsfrist aufgrund der Kenntnis spätestens zum 27. Juni 2001 am 27. Juni 2004, mithin einen Tag vor Eingang der Klage, abgelaufen. Eine Unterbrechung der Verjährung nach § 210 BGB (a. F.) komme nicht in Betracht, da der Geschädigte nicht innerhalb von drei Monaten nach Abweisung des Antrags Klage erhoben habe. Auch sei eine Hemmung nach § 852 Abs. 2 BGB (a. F.) zu verneinen, da es bereits an Verhandlungen im Sinne der Vorschrift fehle. Schließlich seien auch etwaige Ansprüche wegen fehlender Hinweise auf die Strahlenbelastung nach Austritt aus dem Dienst durch die Verantwortlichen der NVA oder der Beklagten nach den vorstehenden Ausführungen verjährt.

Gegen das ihr am 23. Juni 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 18. Juli 2006 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel mit einem am 21. September 2006 eingegangenen Schriftsatz begründet. Mit der Berufung rügt die Klägerin die Rechtsanwendung des Landgerichts. Der persönliche Anwendungsbereich des § 1 StHG sei eröffnet, da der NVA die Pflicht oblegen habe, den Geschädigten, der als "Bürger" im Sinne der Vorschrift auf Befehl seiner Vorgesetzten an den Radargeräten habe arbeiten müssen, vor gesundheitsgefährdender ionisierender Strahlung zu schützen. Verjährung sei nicht eingetreten, da die Frist nach § 4 Abs. 3 StHG durch Stellung des Antrags vom 27. Juni 2001 unterbrochen worden sei und diese Unterbrechung bis zur Entscheidung über diesen Antrag am 9. Januar 2002 fortgedauert habe. Daraus folge, dass nach der hier zu Grunde zu leg...

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