Leitsatz (amtlich)
Ist bereits im Urkundenprozess die Frage der Aktivlegitimation und die damit verbundene von Amts wegen zu prüfende Frage der Prozessführungsbefugnis bejaht worden, entfaltet das Vorbehaltsurteil für das Nachverfahren insoweit Bindungswirkung.
Verfahrensgang
LG Neuruppin (Urteil vom 06.03.2003; Aktenzeichen 2 O 135/02) |
Tenor
Unter Aufhebung des Versäumnisurteils des OLG Brandenburg v. 10.9.2003 wird das am 6.3.2003 verkündete Urteil des LG Neuruppin - 2 O 135/02 - und das zugrundeliegende Verfahren aufgehoben und die Sache an das LG Neuruppin zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorbehalten bleibt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von dem Beklagten unter Berufung auf eine zwischen den Parteien am 12.3.2002 getroffene Vereinbarung die Zahlung eines Betrages von 60.000 US-Dollar.
Unter dem 19.4.2002 erklärte der Beklagte die Anfechtung der Vereinbarung wegen Täuschung und Drohung.
Der Kläger hat gegen den Beklagten Klage im Urkundenprozess auf Zahlung von 60.000 US-$ nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 29.5.2002 erhoben.
Nachdem das LG eine Beweisaufnahme durch Vernehmung der Parteien durchgeführt hatte, hat es mit dem am 8.8.2003 verkündeten Vorbehaltsurteil den Beklagten antragsgemäß verurteilt.
In dem durch den Beklagten aufgerufenen Nachverfahren hat das LG Neuruppin mit dem am 6.3.2003 verkündeten Schlussurteil das Vorbehaltsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er rügt, das LG habe die Entscheidung verfahrensfehlerhaft herbeigeführt. Im Übrigen habe das LG den Anspruch auch zu Unrecht mangels Aktivlegitimation abgewiesen. Die Parteien haben nach Ansicht des Klägers durch die streitgegenständliche Vereinbarung den Anspruch wirksam begründet. In der unter dem 12.3.2002 getroffenen Vereinbarung sei ein selbständiges Schuldversprechen zu sehen.
Gegen den trotz ordnungsgemäßer Ladung zum Termin am 10.9.2003 nicht erschienenen Kläger ist auf Antrag des Beklagten ein Versäumnisurteil ergangen. Gegen das ihm am 16.9.2003 zugestellte Versäumnisurteil hat der Kläger Einspruch, eingegangen bei Gericht am 25.9.2003, eingelegt.
Der Kläger beantragt, das Versäumnisurteil des OLG Brandenburg v. 10.9.2003 aufzuheben und unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückzuverweisen; für den Fall einer eigenen Sachentscheidung unter Abänderung des am 22.1.2003 verkündeten Urteils des LG Neuruppin - 2 O 135/02 - das Urkundenvorbehaltsurteil v. 8.8.2002 für vorbehaltslos zu erklären.
Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil des OLG Brandenburg v. 10.9.2003 aufrecht zu erhalten.
Der Beklagte schließt sich den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung an und meint im Übrigen, die Entscheidungsgründe des Vorbehaltsurteils seien mit einer den Regeln des Urkundsverfahrens unterliegenden Berufung nicht angreifbar gewesen. Der Umstand, dass die im Urkundsprozess klagende Partei im Nachverfahren das eigene Vorbringen ändere, sei deshalb frei von einer etwaigen Bindung an das Vorbehaltsurteil zu würdigen. Dies sei hier der Fall, da der Kläger im Nachverfahren erklärt habe, die Forderung stehe ihm tatsächlich nur teilweise zu, im Übrigen er aber nur angebliche Rechte Dritter wahrnehme.
Ebenso wenig griffen die Einwendungen des Klägers gegen die Anwendung des materiellen Rechts durch.
II. Der Einspruch des Klägers gegen das am 10.9.2003 verkündete Versäumnisurteil des OLG Brandenburg ist zulässig, denn der Kläger hat den Einspruch innerhalb der Frist des § 339 Abs. 1 ZPO eingelegt.
Die infolge der Wirkung des zulässigen Einspruchs auf der Grundlage der erneuten mündlichen Verhandlung zu treffende Entscheidung führte zur Aufhebung des Versäumnisurteils. Denn die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat insoweit Erfolg, als sie zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und des zugrundeliegenden Verfahrens führt. Gemäß § 538 Abs. 2 ZPO ist die Sache aufgrund des Antrages des Klägers aufzuheben und das Verfahren an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen, denn das Verfahren des ersten Rechtszuges leidet an einem wesentlichen Mangel, der die Durchführung einer umfangreichen und aufwendigen Beweisaufnahme notwendig macht.
Verfahrensfehlerhaft hat das LG im Nachverfahren die Schlüssigkeit der Klage verneint. Mit der Frage der Aktivlegitimation war aber die von Amts wegen zu prüfende Frage der Prozessführungsbefugnis des Klägers untrennbar verbunden und diese Frage musste das LG abschließend bereits für das Vorbehaltsurteil klären, anderenfalls hätte dieses nicht ergehen dürfen, sondern die Klage bereits im Urkundenprozess mangels Prozessführungsbefugnis des Klägers abgewiesen werden müssen. Insoweit entfaltet da...