Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 14.02.2022 - 11 O 76/21 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Erbengemeinschaft nach dem am 28.01.2020 verstorbenen E. A. B., bestehend aus der Klägerin und J. B., einen Betrag von 13.764,06 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2020 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.003,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.03.2021 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 20% und die Beklagte zu 80%. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird für die erste Instanz auf bis zu 25.000 EUR und für das Berufungsverfahren auf bis zu 22.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin und ihr Bruder J. B. sind Erben zu je 1/2 des am 28.01.2020 verstorbenen E. A. B., die Beklagte war dessen Lebensgefährtin.
Nach dem Tod löste die Beklagte das Girokonto des Erblassers auf und überwies das Guthaben in Höhe von 18.020,73 EUR auf ihr Konto. Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin Zahlung dieses Betrages an die Erbengemeinschaft. Die Beklagte vertritt die Ansicht, ihr stehe der Betrag als Vermächtnis zu bzw. sei ihr als Schenkung unter Lebenden zugewendet worden. Hilfsweise erklärt sie die Aufrechnung mit einem Betrag von 4.792,94 EUR.
Mit Urteil vom 14.02.2022 hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 17.820,73 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2020 sowie weitere 1.072,77 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.03.2021 zu zahlen (offenbar unter Klageabweisung im Übrigen im Hinblick auf eine in Höhe von 200 EUR für wirksam erkannte Aufrechnung, ohne dass dies ausdrücklich tenoriert ist). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und wegen der Urteilsgründe wird auf das angefochtene Urteil verwiesen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung. Sie wiederholt ihre bereits erstinstanzliche vertretene Rechtsauffassung und legt zur Begründung ihrer Hilfsaufrechnung erstmals Kontoauszüge vor, die belegen, dass sie Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von 4.056,67 EUR aus eigenen Mitteln verauslagt hat. Darüber hinaus hält sie an der Hilfsaufrechnung in Höhe eines weiteren Betrages von 536,47 EUR fest.
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 14.02.2022 - 112 O 76/21 - abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Soweit die Beklagte erstmalig Kontoauszüge vorlege, aus denen sich ergebe, dass sie aus ihrem Vermögen Verbindlichkeiten bezahlt habe, sei eine Zulassung nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht möglich. Im Übrigen habe die Beklagte das aus der Sterbegeldversicherung bezogene Geld für die Beerdigung einsetzen müssen. Ausweislich der Quittung seien im chinesischen Restaurant auch nur 329,90 EUR angefallen, die Zahlung von 20 EUR Trinkgeld seien nicht belegt. Bezüglich der Telefon-, Kopier- und Portokosten, Kosten für die Anfertigung von Bildern, Fahrtkosten zum Krankenhaus und Zossen bestreite sie, dass diese überhaupt angefallen seien und mit dem Erbfall in Zusammenhang stünden.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Sie dringt mit ihrer Hilfsaufrechnung in Höhe von 4.056,67 EUR durch.
A. Die Beklagte ist verpflichtet, an die Erbengemeinschaft nach dem am 28.01.2020 verstorbenen E. A. B. den ausgeurteilten Betrag von 17.820,73 EUR zu zahlen, weil sie den Betrag in Höhe von 18.020,73 EUR vom Girokonto des Erblassers ohne Rechtsgrund abgehoben hat. Weder ist ihr das Guthaben durch Vermächtnis noch durch Schenkung wirksam zugewendet worden.
1. Es kann offen bleiben, ob der Erblasser seine möglicherweise als Vermächtnis zugunsten der Beklagten auszulegende Verfügung vom 21.12.2019, überschrieben mit "Vollmacht für meine Lebensgefährtin", mittels Durchstreichung des gesamten Textes wirksam gemäß § 2255 BGB widerrufen hat.
Denn selbst wenn man dies verneint, scheitert ein wirksames Vermächtnis jedenfalls an der Bindungswirkung des von dem Erblasser mit seiner vorverstorbenen Ehefrau am 18.02.1992 gemeinsam errichteten Testaments.
Nach § 2270 Abs. 1 BGB sind in einem gemeinschaftlichen Testament getroffene Verfügungen dann wechselbezüglich und damit für den überlebenden Ehegatten bindend, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen Ehegatten getroffen worden wäre. Im Verhältnis zwischen einer Schlusserbeneinsetzung einerseits und der Einsetzung des jeweils anderen Ehegatten als einzigem Erben unter Ausschluss der gemeinsamen Abkömmlinge beim Tod des zuerst ve...