Verfahrensgang

LG Potsdam (Entscheidung vom 31.08.2011; Aktenzeichen 2 O 201/11)

 

Tenor

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 31. August 2011 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 2 O 201/11 - abgeändert, die einstweilige Verfügung vom 12. Juli 2011 aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen.

Der Verfügungskläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

 

Gründe

I. Der Verfügungskläger nimmt die Verfügungsbeklagte, die das private Stadtfernsehen der Stadt ... betreibt, im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung von Filmaufnahmen und/oder deren Verwendung in Anspruch. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Mit Beschluss vom 21. Oktober 2011 hat das Landgericht Potsdam den Tatbestand dahingehend berichtigt, dass zwischen den Parteien nicht unstreitig ist, dass der Verfügungskläger den Kameramann der Verfügungsbeklagten zunächst verbal aufgefordert hat, die Filmaufnahmen zu stoppen.

Das Landgericht hat der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, von dem Verfügungskläger ohne sein Einverständnis Filmaufnahmen während seines Aufenthaltes auf den Privatgrundstücken ...straße 20 und 21, H... zu fertigen und/oder für eine weitere Berichterstattung zu verwenden, und diese einstweilige Verfügung im angefochtenen Urteil aufrechterhalten. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Verfügungsbeklagte mit der Anfertigung der Filmaufnahmen am 30. Juni 2011 das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers rechtswidrig verletzt habe. Dem Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers sei bei einer Gesamtabwägung der Umstände Vorrang vor dem Recht der Verfügungsbeklagten aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG einzuräumen. Da die Verfügungsbeklagte keine entsprechende Unterlassungserklärung abgegeben habe, bestehe hinsichtlich der Anfertigung von Filmaufnahmen Wiederholungsgefahr. Hinsichtlich der Verwendung der Aufnahmen genüge im Hinblick auf das vorangegangene Verhalten der Verfügungsbeklagten die gegebene Erstbegehungsgefahr.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Verfügungsbeklagten, mit der sie geltend macht, dass dem Verfügungskläger hinsichtlich des bloßen Anfertigens von Filmaufnahmen im Rahmen von Recherchen kein Unterlassungsanspruch zustünde, da in diesem Vorbereitungsstadium einer Berichterstattung dem Interesse der Presse an Informationsbeschaffung Vorrang vor dem Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers einzuräumen sei. Soweit das Landgericht seine Entscheidung darauf gestützt habe, dass der Verfügungskläger den Kameramann der Verfügungsbeklagten zunächst vergeblich aufgefordert habe, die Filmaufnahmen zu stoppen, sei bereits erstinstanzlich vorgetragen und glaubhaft gemacht worden, dass der Verfügungskläger die Aufnahmen ohne vorherige Aufforderung unterbunden habe, indem er zunächst die Hand vor das Objektiv gehalten und dem Kameramann sodann im Rahmen eines Handgemenges die Kamera weggenommen habe. Ebenso wenig treffe es zu, dass die Verfügungsbeklagte im Rahmen ihrer Berichterstattung Bilder von der Lebensgefährtin des Sohnes des Verfügungsklägers nur unzureichend verpixelt ausgestrahlt habe.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 31. August 2011, Az. 2 O 201/11, die einstweilige Verfügung vom 12. Juli 2011 aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.

Der Verfügungskläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Verfügungskläger hat keinen Anspruch darauf, der Verfügungsbeklagten untersagen zu lassen, ohne sein Einverständnis Filmaufnahmen von ihm während seines Aufenthaltes auf dem Privatgrundstück ...straße 20 und 21 in H... zu fertigen und/oder für eine weitere Berichterstattung zu verwenden.

1.) Anspruch auf Unterlassung der Anfertigung von Filmaufnahmen

Dem Verfügungskläger steht kein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Anfertigung von Filmaufnahmen seiner Person während seines Aufenthaltes auf dem Privatgrundstück ...straße 20 und 21 in H... gemäß §§ 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu. Die für einen Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 2 BGB analog vorausgesetzte Besorgnis von (weiteren) Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Verfügungsklägers ist nicht gegeben.

Die erforderliche Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr liegt vor, wenn eine auf Tatsachen gegründete objektive ernstliche Besorgnis von (weiteren) Störungen besteht, wobei eine vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr begründet (vgl. Palandt-Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 1004 Rdnr. 32 m. w. N.). Von einer solchen vorangegangenen rechtswidrigen Beeinträchtigung kann jedoch nicht ausgegangen w...

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