Leitsatz (amtlich)
1. Der "OK-Vermerk" auf einem Sendebericht belegt nur das Zustandekommen der Verbindung, nicht aber die erfolgreiche Übermittlung der Signale an das Empfangsgerät des Gerichts.
2. Zu den Anforderungen an die Beweiswürdigung und die Aufklärungspflichten des Gerichts zu der Frage, inwieweit der Nachweis des vollständigen Empfangs der gesendeten Signale erbracht ist.
3. Gegen die Versäumung der in einem Prozessvergleich vereinbarten Widerrufsfrist findet keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt.
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 28.04.2017; Aktenzeichen 11 O 316/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 28. April 2017 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 11 O 316/15,
aufgehoben und die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über die
Frage der Beendigung des Rechtsstreits durch Vergleich einschließlich der Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über das Bestehen eines Ankaufsrechts nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, der dahin zu ergänzen ist, dass die Beklagte mit ihren Schriftsätzen vom 19.10.2015 und 08.02.2016 Widerklage erhoben hat. Wegen des Inhalts der Widerklageanträge wird auf die Antragstellung in den vorgenannten Schriftsätzen verwiesen.
Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 26.02.2016 einen Vergleich geschlossen, mit dem ihnen unter Ziffer 3. nachgelassen blieb, den Vergleich durch Einreichung eines Schriftsatzes bis zum 04.03.2016, maßgebend sollte der Eingang bei Gericht sein, zu widerrufen. Der Widerruf des Vergleichs erfolgte mit einem vom 27.02.2016 datierenden Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Kläger, der am 31.03.2016 beim Landgericht eingegangen ist. Das Landgericht hat die Kläger darauf hingewiesen, dass der Vergleichswiderruf nicht innerhalb der Widerrufsfrist widerrufen worden sei, woraufhin seitens des Prozessbevollmächtigten der Kläger unter dem 13.04.2016 ein Sendebericht übermittelt worden ist, der die Übersendung eines Telefaxes im Umfang von fünf Seiten mit einer Übermittlungsdauer von 41 Sekunden am 27.02.2016 um 10:13 Uhr mit "O.k.-Vermerk" ausweist. Mit Schriftsatz vom 19.04.2016 hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt unter Hinweis darauf, dass der Vergleich angesichts des Sendeberichts rechtzeitig widerrufen worden sei und dass auch die Beklagte bzw. deren Prozessbevollmächtigter ebenfalls am 27.02.2016 eine Mitteilung erhalten hätten, wonach die Einigung beim Landgericht widerrufen werde. Unstreitig ist dieser per Telefax am 27.02.2016 der Beklagtenseite am selben Tag zugegangen. Der seitens der gemeinsamen Briefannahmestelle des Amts- und Landgerichts Frankfurt (Oder) übersandte Übermittlungsbericht weist am 27.02.2016 um 9:06 Uhr den Eingang eines fünfseitigen Schriftsatzes aus der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Kläger aus mit einer Übermittlungszeit von 42 Sekunden. Inhalt und Verbleib dieses Schriftstücks sind bisher ungeklärt geblieben. Insoweit wird Bezug genommen auf die Aktenvermerke des Geschäftsstellenbeamten Schröder vom 18.04.2016 (Bl. 380 d.A.), vom 04.05.2016 (Bl. 396 d.A.) und vom 13.05.2016 (Bl. 402 d.A.). Mit Schriftsatz vom 29.04.2016 haben die Kläger die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt und geltend gemacht, dass davon auszugehen sei, dass das Fax vom 27.02.2016 beim Landgericht tatsächlich angekommen sei unter Hinweis darauf, dass seitens des Prozessbevollmächtigten der Kläger ein Spezialfaxgerät mit einer ECM-Funktion zum Einsatz gekommen sei, bei dem eine Fehlererkennung beinahe bei 100 % liege und deshalb sei notfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären, worin die Ursachen für den angeblichen Nichterhalt des Widerrufsschreibens am Empfängergerät des Landgerichts Frankfurt (Oder) zu suchen seien. Mit Schriftsatz vom 28.09.2016 wurde ergänzend ausgeführt, dass nach einer Auskunft der Telekom Deutschland GmbH es technisch unmöglich sei, dass beim Absender ein Sendebericht mit "O.K.-Vermerk" im Modus ECM vorliege, ohne dass die Faxnachricht beim Empfänger eingegangen sei. Hätten Absender- bzw. Empfängergerät diesen Modus eingeschaltet, schließe dies eine fehlerhafte Übermittlung fast aus, wobei dies unter Beweis gestellt wurde durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Das Landgericht hat Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt und im Anschluss, dem Antrag der Beklagten folgend, durch Urteil ausgesprochen, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich beendet sei. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Kläger hätten ihre auf Abschluss des Vergleiches gerichtete Willenserklärung nicht rechtzeitig widerrufen, denn zum Zeitpunkt des Eingangs des S...