Normenkette
ZPO §§ 180, 234 Abs. 3, § 339 Abs. 1, § 341 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Potsdam (Entscheidung vom 16.06.2008; Aktenzeichen 2 O 475/05) |
Gründe
I.
Der Beklagte wurde durch erstinstanzliches Versäumnisurteil vom 29. Dezember 2005 zur Räumung und Herausgabe von Gewerbeflächen und Zahlung von Gewerbemietzins an die Klägerin verurteilt. Den Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil hat das Landgericht durch Schlussurteil vom 16. Juni 2008 als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die vom Beklagten eingelegte Berufung.
Ausgangspunkt des Streitverhältnisses sind zwei schriftliche Verträge vom 17.12.2004 bzw. vom 05.01.2005, mit denen die Parteien Gewerbemietverhältnisse über Hotel- und Gaststättenräume auf dem Geländes des Flugplatzes S... bzw. über einen auf demselben Gelände befindlichen Büroraum begründet hatten. Der Beklagte hatte 2005 in den Räumen seinen Geschäftssitz eingerichtet und einen Briefkasten unterhalten. Beide Mietverhältnisse wurden inzwischen beendet; die Klägerin ist nach Einweisung durch den Gerichtsvollzieher im März 2006 wieder unmittelbare Besitzerin der Räume.
Die Zustellungen im vorliegenden Verfahren veranlasste das Landgericht zunächst über die Geschäftsadresse des Beklagten auf dem Flugplatz S...; dies gilt insbesondere für die am 13.12.2005 beurkundete Zustellung der Klageschrift nebst richterlicher Verfügungen, sowie für die am 04.01.2006 beurkundete Zustellung des Versäumnisurteils vom 29. Dezember 2005.
Mit seinem am 04. Februar 2008 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Beklagte gegen das Versäumnisurteil Einspruch eingelegt, wegen der versäumten Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Abweisung der Klage beantragt. In der Sache hat er vorgetragen, er habe die Räume am Flugplatz S... schon Mitte 2005 aufgegeben. Den vom Landgericht titulierten Mietzins habe er nicht geschuldet, weil die Klägerin den Ausbau noch nicht fertig gestellter Hotelzimmer verzögert habe, so dass er sein Geschäftsmodell nicht habe umsetzen können. Im Übrigen habe in den Gasträumen dauerhaft eine starke Geruchsbelästigung geherrscht, so dass die Miete auf null gemindert gewesen sei.
Mit dem angefochtenen Urteil, auf das der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das Landgericht den Einspruch des Beklagten als unzulässig verworfen. Es hat die an den Beklagten unter der Anschrift der streitgegenständlichen Räumlichkeiten im Dezember 2005 und Januar 2006 erfolgten Zustellungen als wirksam angesehen. Die Zustellungsurkunden vom 13.12.2005 und 04.01.2006 begründeten Beweis für die Einlegung der Schriftstücke in den zum Geschäftsraum des Beklagten gehörenden Briefkasten. Wenn der Zustelldienst auf der Urkunde vom 04.01.2006 die Rubrik "Wohnraum" anstelle von "Geschäftsraum" angekreuzt habe, stehe dieses Versehen einer wirksamen Zustellung nicht entgegen. Die nach Behauptung des Beklagten schon zum Juni 2005 erfolgte Aufgabe des Geschäftsbetriebs sei nicht als bewiesen anzusehen, zumal der Beklagte noch in einem Schreiben vom Ende August 2005 die bedingungslose Herausgabe der Räume verweigert habe. Auch die Behauptung, zu den Zeiten der Zustellungen sei keine Beschriftung des Briefkastens mit seinem Namen mehr vorhanden gewesen, habe die dazu vernommene Zeugin nicht bestätigt.
Die Frist zur Einlegung des Einspruchs sei 2 Wochen nach der Zustellung vom 04.01.2006 abgelaufen. Der gegen die Versäumung der Frist gerichtete Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei schon wegen Überschreitung der Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO unbegründet.
Mit der Berufung greift der Beklagte die Verwerfung des Einspruchs an, um in der Sache die Abweisung der Klage weiterverfolgen zu können. Der Beklagte meint, es sei 2006 keine wirksame Zustellung des Versäumnisurteils erfolgt, die Einspruchsfrist sei also nicht abgelaufen. Die Zustellungsurkunde vom 04.01.2006 sei mit dem Hinweis auf einen zur "Wohnung" des Zustellungsempfängers gehörenden Briefkasten falsch, weil er eine Wohnung unstreitig dort nie unterhalten habe. Die Urkunde erbringe damit keinen Beweis für die wirksame Zustellung des Versäumnisurteils. Das Landgericht habe über das Ankreuzen der Rubrik "Wohnung" nicht mit der Annahme einer versehentlich unzutreffenden Angabe hinweggehen dürfen, denn diese Frage unterliege nicht der freien Beweiswürdigung. Die Zivilkammer sei im Übrigen verpflichtet gewesen, der Frage der Beschriftung des Briefkastens außer durch Vernehmung der angebotenen Zeugin auch durch die weiter angebotene Parteivernehmung des Beklagten aufzuklären.
Der Beklagte rügt im Übrigen, ihm sei im gesamten Verfahren das rechtliche Gehör hinsichtlich materieller Einwendungen gegen die Klageansprüche verwehrt worden. Das Verfahren müsse in den Stand bei Zustellung der Klageschrift zurückversetzt werden. Zur Fortsetzung der Beweisaufnahme und weiteren Ermittlung von Amts wegen sei das Verfahren an das Landgericht zurückzuweisen; an einer eigenen Sa...