Verfahrensgang

LG Potsdam (Entscheidung vom 22.04.2009; Aktenzeichen 8 O 321/07)

 

Tenor

Auf die Berufungen der Kläger zu 1 und 2 sowie der Beklagten wird unter Zurückweisung der jeweiligen Rechtsmittel im Übrigen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 22. April 2009 - Aktenzeichen: 8 O 321/07 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde der Notarin ... aus W... vom 10. November 1998 zur UR-Nr. 1629/1998 wird für unzulässig erklärt, soweit über einen Betrag von 28.728,07 Euro hinaus die Zwangsvollstreckung betrieben wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten beider Instanzen tragen die Kläger zu 1 und 2 sowie die Beklagte zu jeweils 1/3. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten beider Instanzen tragen die Kläger zu 1 und 2 zu je 1/3. Von den außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1 und 2 trägt die Beklagte 1/3.

Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 70.000 € abwenden, wenn nicht die Kläger zu 1 und 2 vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Kläger zu 1 und 2 können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Berechtigung der Beklagten zur Vollstreckung aus zwei notariellen Urkunden (Grundschuldbestellung mit persönlicher Haftungsübernahme und Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung) bzw. um die Verteilung des Erlöses aus der Versteigerung des mit den Grundschulden belasteten Gebäudeeigentums der Kläger zu 1 und 2.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben, nämlich soweit die Vollstreckung über einen Betrag von 104.952,94 Euro hinaus betrieben werden soll. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei als Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO zulässig, die Kläger seien nicht gehalten, Widerspruchsklage gegen den Verteilungsplan nach § 878 ZPO zu erheben. Die Kläger machten geltend, über den Betrag von 102.231,77 € hinausgehende Forderungen der Beklagten seien von dem Sicherungszweck der Grundschulden nicht mehr erfasst. Für ein solches Klagebegehren sei die Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO zulässig. Eine solche Klage sei zulässig, bis die Zwangsvollstreckung beendet sei. Das Rechtsschutzbedürfnis fehle erst dann, wenn die Vollstreckung aus dem Titel vollständig, etwa durch Auskehr des Erlöses, beendet sei und der Titel an den Schuldner herausgegeben worden sei oder dem Gläubiger aus anderem Grund unzweifelhaft keine Vollstreckungsmöglichkeit mehr gebe oder der Gläubiger unzweifelhaft keine Vollstreckung mehr beabsichtige. Dies sei hier nicht der Fall. Die Klage sei auch zulässig, soweit sie sich gegen die persönliche Zwangsvollstreckung durch die Beklagte aus den von den Klägern jeweils abgegebenen vollstreckbaren Schuldübernahmeerklärungen wende.

Die Klage sei überwiegend begründet, die Zwangsvollstreckung aus den streitgegenständlichen Urkunden sei nicht zulässig, soweit sie über einen Betrag von 104.952,94 Euro hinaus betrieben werde. Die Kläger seien aktiv legitimiert. Die Abtretungsvereinbarung der Kläger mit ihrem Prozessbevollmächtigten vom 12. April 2007 (Bl. 15 d. A.) ändere hieran nichts. Die mit den streitgegenständlichen notariellen Urkunden bestellten Grundschulden dienten lediglich als Sicherheit für Forderungen der Beklagten aus dem gewährten Zwischen- und Bauspardarlehen über 200.000 DM vom 20. Oktober/30. November 1998 zur Vertrags-Nr. 442477639. Der zwischen den Klägern und der Beklagten vereinbarte Sicherungszweck der Grundschulden ergreife lediglich den "Anlasskredit". Die Grundschulden dienten nicht auch als Sicherheit für weitere Forderungen der Beklagten gegen die Kläger aus der Geschäftsverbindung mit diesen. Die in Abschnitt II Ziffer 3.1. Satz 1 der Darlehensbedingungen der Beklagten enthaltene Regelung einer sog. weiten Sicherungszweckerklärung sei nicht wirksam, es handele sich bei dieser Regelung um eine überraschende Klausel im Sinne des § 3 AGBG. Grundsätzlich bestünden gegen die formularmäßige Vereinbarung einer sog. weiten Zweckerklärung einer Grundschuld zwar keine Bedenken. Eine weite Sicherungszweckabrede sei jedoch dann überraschend, wenn sie den Sicherungsbereich über die durch den Anlass der Grundschuldbestellung bestimmten berechtigten Erwartungen des Sicherungsgebers hinaus erweitere. Dabei müsse der Klausel ein Überrumpelungseffekt zukommen. Sie müsse eine Regelung enthalten, auf die man nach den Umständen - dem Anlass - nicht habe gefasst sein müssen. Dies sei zwar nicht schon allein dann der Fall, wenn aus Anlass der Sicherung einer besti...

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