Verfahrensgang
LG Neuruppin (Urteil vom 23.06.2000; Aktenzeichen 1 b O 125/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 23. Juni 2000 – 1 b O 125/00 – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwerdes Beklagten übersteigt 60.000,00 DM nicht.
Tatbestand
(Von der Abfassung des Tatbestandes ist gem. § 543 ZPO abgesehen worden.)
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 516 ff. ZPO) Berufung bleibt ohne Erfolg. Sie ist unbegründet.
1.
Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch auf Untersagung der Jagdausübung auf dem streitgegenständlichen, zur Gemarkung K. gehörenden Grundstück.
a)
Beide Kläger sind aktivlegitimiert.
Dies gilt insbesondere für den Kläger zu 2. Diesem ist von der Klägerin zu 1. mit Vertrag vom 17. Juli 1999 das Jagdausübungsrecht am verfahrensgegenständlichen Grundstück übertragen worden, und er beruft sich auf eine Verletzung dieses Rechts durch den Beklagten. Diesen behaupteten Unterlassungsanspruch im Klagewege durchzusetzen, ist er berechtigt.
Aber auch die Klägerin zu 1. ist zur Klageerhebung befugt. Sie besaß nämlich das absolute Recht zur Jagdausübung (§ 10 BJagdG), und ihr muß folglich in Anwendung des Rechtsgedankens des § 869 Satz 1 BGB auch im Falle der Verpachtung des Jagdausübungsrechts gleich einem mittelbaren Besitzer die Befugnis zustehen, dieses absolute Recht durch Geltendmachung von Abwehransprüchen vor Beeinträchtigungen zu sichern (zutreffend LG Bonn, Jagdrechtliche Entscheidungen III Nr. 64).
b)
Den Klägern stehen gegen den Beklagten vorbeugende Unterlassungsansprüche sowohl nach Maßgabe von § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, als auch nach §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB zu.
Dabei kann § 1004 BGB für Ansprüche des Jagdpächters gegen sein Jagdausübungsrecht störende Dritte eine Grundlage abgeben, obwohl die Norm ihrem Wortlaut nach lediglich den Schutz des Eigentums sichert. In Rechtsprechung und Lehre ist nämlich anerkannt, daß § 1004 BGB über seinen Wortlaut hinaus dem Schutz aller absoluten Rechte und normativ gebilligten Rechtspositionen und damit auch demjenigen des Jagdausübungsrechts eines Jagdpächters dient. Was § 823 Abs. 1 BGB anbelangt, gilt das Jagdausübungsrecht allgemein als sonstiges Recht im Sinne der Norm (vgl. Palandt/Thomas, BGB, 60. Aufl., § 823 Rz. 16, m.w.N.).
Das Bestehen eines Unterlassungsanspruches nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB setzt danach eine vom Beklagten als Störer rechtswidrig und schuldhaft verursachte Beeinträchtigung des Jagdausübungsrechts des Klägers zu 2. voraus, die nicht in der Entziehung oder Vorenthaltung dieses Rechts bestehen darf. Ein entsprechender Eingriff muß bereits stattgefunden haben, da anderenfalls kein Rechtsschutzinteresse für die Geltendmachung einer Leistungsklage besteht. Zudem muß Wiederholungsgefahr bestehen.
§§ 823 Abs. 1, 249 Satz 1 BGB verlangen ebenfalls einen objektiv rechtswidrigen Eingriff in das von ihnen geschützte Rechtsgut – hier: das Jagdausübungsrecht – und bestehende Wiederholungsgefahr. Die Voraussetzungen liegen hier vor.
aa)
Ausschließlich dem Kläger zu 2. steht das Jagdausübungsrecht in dem streitbefangenen Revier zu. Der zwischen der Klägerin zu 1., dem Kläger zu 2. und dem Beklagten am 1. Februar 1996 geschlossene Jagdpachtvertrag ist nichtig. Dabei kann offenbleiben, ob die Nichtigkeit des Vertragswerkes bereits aus § 11 Abs. 6 Satz 1 BJagdG folgt, demzufolge Jagdpachtverträge, die nicht im Sinne von § 11 Abs. 4 Satz 1 BJagdG schriftlich abgeschlossen worden sind, nichtig sind. Für die Frage der Einhaltung des Schriftformerfordernisses gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen, wie sie in § 126 BGB aufgestellt worden sind. Ob die Vertragsurkunde vom 1. Februar 1996 diesen Erfordernissen gerecht wird, hätte nur bei Vorlage des streitgegenständlichen Pachtvertrages im Original festgestellt werden können, worauf es aber zur Entscheidung des Rechtsstreits nicht entscheidend ankommt.
Keiner Entscheidung bedarf weiter die Frage, ob sich die Nichtigkeit des Jagdpachtvertrages bereits aus § 17 Landesjagdgesetz Brandenburg ergibt, der diese Rechtsfolge ausdrücklich unter anderem für den Fall regelt, daß gegen die Bestimmungen zur Mindestpachtzeit für Hochwildbezirke (§ 13 Abs. 2 Satz 1 Landesjagdgesetz: 12 Jahre) verstoßen worden ist. Der Jagdpachtvertrag vom 1. Februar 1996 könnte gegen die landesrechtlichen Normen zur Mindestpachtzeit verstoßen haben, weil er in seinem § 8 die Vereinbarung enthält, daß die Jagdpächter den Pachtvertrag sechs Monate vor Ablauf des jeweiligen Jagdjahres schriftlich kündigen könnten. Allerdings erscheint es als nicht von vornherein ausgeschlossen, daß § 17 Landesjagdgesetz unwirksam ist, weil er die Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes im Bereich des Jagdrechts (Art. 75 Abs. 1 Nr. 3 GG) zuwiderlaufen könnte. Einer abschließenden Klärung dieser Rechtsfrage ...