Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das am 27.01.2017 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam - 52 O 139/16 - abgeändert.
Im Wege einstweiliger Verfügung wird angeordnet:
Der Verfügungsbeklagten wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an der Bürgermeisterin der Verfügungsbeklagten, gegenüber der E... GmbH untersagt,
auf Basis des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung vom 28.09.2016 einen Wegenutzungsvertrag nach § 46 Abs. 2 EnWG für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die zu einem Elektrizitätsversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet der Stadt K..., Landkreis ..., Land Brandenburg, gehören, mit der P... GmbH abzuschließen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen hat die Verfügungsbeklagte zu tragen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Vergabe eines Stromkonzessionsvertrages für das Stadtgebiet der Verfügungsbeklagten.
Die Verfügungsklägerin ist regionaler Netzbetreiber und betreibt bislang das Stromnetz der Verfügungsbeklagten. Der Konzessionsvertrag der Parteien ist am 30.06.2011 ausgelaufen.
Im Jahr 2010 führte die Verfügungsbeklagte Auswahlverfahren betreffend die Vergabe der Konzession für das Strom- und das Gaswegenetz im Stadtgebiet durch, in dessen Ergebnis die Konzessionen für beide Netze an die P... GmbH (P... GmbH) vergeben werden sollten. Die P... GmbH, deren Gesellschafter zu 50 % ein privates Unternehmen und im Übrigen mehrere Kommunen sind, betreibt das Gas und Elektrizitätsnetz der etwa 40 km entfernten Stadt P....
Die Wegekonzession für das Gasnetzes vergab die Verfügungsbeklagte an die P... GmbH, hinsichtlich des Stromnetzes hob die Verfügungsbeklagte das Konzessionsverfahren nach den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 17.12.2013 (KZR 65/12 - Stromnetz Berkenthin; KZR 66/12 - Stromnetz Heiligenhafen) auf. Sie gab unter dem 15.04.2015 die erneute Durchführung dieses Konzessionsverfahrens im Bundesanzeiger bekannt.
Die Verfügungsklägerin und die P... GmbH bekundeten ihr Interesse.
Mit dem 1. Verfahrensbrief vom 13.10.2015 teilte die Verfügungsbeklagte die Auswahl-kriterien unter Benennung von insgesamt 45 Hauptkriterien, Unterkriterien und Unter-Unterkriterien und deren jeweiliger Gewichtung mit und erläuterte die Wertungsgrundlagen, sowie die Anforderungen und Ziele der Ausschreibung. Für die Bewertung sollten insgesamt bis zu 1000 Punkte vergeben werden, von denen 700 auf das Kriterium "Sicherstellung der Ziele des § 1 EnWG", mit den Unterkriterien "Sicherheit" (Nr. 1.1), "Preisgünstigkeit" (Nr. 1.2), "Verbraucherfreundlichkeit" (Nr. 1.3), "Effizienz" (Nr. 1.4), "Umweltverträglichkeit" (Nr. 1.5), "Berücksichtigung des zunehmenden Beruhens der Stromversorgung auf erneuerbaren Energien" (Nr. 1.6), 50 Punkte auf das Kriterium "Einflussmöglichkeiten der Stadt K... zur Sicherstellung der Unterkriterien 1.1 bis 1.6" und 250 Punkte auf das Kriterium "Rücksichtnahme auf Belange der örtlichen Gemeinschaft im Konzessionsvertrag" entfallen sollten. Jedes Unterkriterium war auf einer Punkteskala von 0-10 Punkten zu bewerten, wobei das beste Angebot die volle Punktzahl erhalten sollte und die übrigen Angebote eine auf den Erfüllungsgrad bezogen auf das beste Angebot entsprechend niedrigere. Die volle Punktzahl eines Kriteriums sollte bei Gleichwertigkeit auch an mehrere Angebote vergeben werden können.
Der Zuschlag sollte auf das Angebot mit der höchsten Gesamtpunktzahl erteilt werden.
Die Verfügungsklägerin und die P... GmbH reichten Angebote ein.
Die Wertung der Angebote erfolgte durch hierzu bevollmächtigte Rechtsanwälte, die im vorliegenden Fall die Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten sind. Das Ergebnis der Wertung ist in dem Vermerk vom 22.08.2016 niedergelegt worden. Das Angebot der Verfügungsklägerin erhielt 876 Punkte, dasjenige der P... GmbH 959 Punkte.
Am 28.09.2016 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Verfügungsbeklagten, der P... GmbH die Stromkonzession zu erteilen, wobei die Abstimmung und die vorausgehende Beratung in nicht-öffentlicher Sitzung durchgeführt wurden. Die Auswahlentscheidung wurde der Verfügungsklägerin mit Schreiben vom 30.09.2016 mitgeteilt und am 10.10.2016 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht.
Unter dem 12.10.2016 hat die Verfügungsklägerin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei dem Landgericht anhängig gemacht, mit welchem sie sinngemäß begehrt hat, der Verfügungsbeklagten den Vertragsschluss betreffend Wegenutzung mit der P... GmbH auf der Basis des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung vom 28.09.2016 zu untersagen.
Sie hat mit ins Einzelne gehendem Vortrag geltend gemacht, die Verfügungsbeklagte habe die Anforderungen an ein transparentes und diskriminierungsfreies Auswahlverfahren und das sich daraus ergebende Neutralitä...