Verfahrensgang

LG Potsdam (Aktenzeichen 8 O 41/20)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 19.08.2020, Az. 8 O 41/20, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Potsdam ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrages, der zur Finanzierung eines Fahrzeugkaufs geschlossen wurde.

Am 5. August 2014 unterzeichnete der Kläger in den Geschäftsräumen des Autohauses ... einen Darlehensantrag über einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von 16.350,00 EUR zu einem über die gesamte Vertragsdauer gebundenen Sollzinssatz von 1,88 % p. a. über eine Laufzeit von 48 Monaten. Das Darlehen - sowie die geleistete Anzahlung von 1.000 EUR - diente der Finanzierung des Kaufpreises für den privatnützigen Erwerb eines am 5. Oktober 2010 erstzugelassenen Pkw (X) zu einem Kaufpreis von 17.350,00 EUR. Der Darlehensantrag enthält den Hinweis, dass für den Vertrag die aufgeführten Darlehensbedingungen sowie die ausgehändigten Merkblätter sowie die Versicherungsbedingungen des KSB/KSB Plus zu beachten seien.

Dem Darlehensantrag (Anlage B 4, Anlagenband) waren auch die Europäischen Standardinformationen für Verbraucher beigefügt. Auch auf diese wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen (Anlage B5, Anlagenband). Über das Widerrufsrecht belehrte die Beklagte den Kläger mit folgender "Widerrufsinformation":

((Abbildung))

Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 15. September 2014 den Vertragsschluss und teilte mit, dass das Darlehen weisungsgemäß ausgezahlt worden sei. Der Kläger leistete im Zeitraum vom 15. Oktober 2014 bis 15. Dezember 2015 die monatlichen Raten i.H.v. 318,95 EUR; weitere Zahlungen erfolgten nicht.

Mit E-Mail vom 22. Dezember 2017 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung und sodann erneut durch Anwaltsschreiben vom 26. Juni 2019. Die Beklagte akzeptierte den Widerruf nicht und verwies auf den Ablauf der Widerrufsfrist.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das Landgericht Potsdam sei gemäß § 29 ZPO nicht nur für eine negative Feststellungsklage, gerichtet auf die Feststellung, dass der Beklagten wegen des Widerrufs aus dem Darlehensvertrag keine vertraglichen Ansprüche auf Zins- und Tilgungsleistungen mehr zustehen, sondern für sämtliche mit der Klage geltend gemachten Ansprüche, also auch für Zahlungsansprüche und die Feststellung des Annahmeverzugs, örtlich zuständig und hat in der Sache geltend gemacht, der Widerruf sei wirksam. Die Widerrufsfrist von 14 Tagen habe nicht zu laufen begonnen, weil verschiedene Pflichtangaben nach § 356b Abs. 2 S. 1 BGB a.F. i.V.m. § 492 Abs. 2 BGB a.F., Art. 247 §§ 6-13 EGBGB a.F. in der Vertragsurkunde nicht enthalten bzw. - wie insbesondere die Widerrufsinformation - fehlerhaft seien.

Die Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts gerügt. Sie hat überdies im Wesentlichen geltend gemacht, der Widerruf sei verfristet, denn sie habe die Widerrufsinformation sowie die anderen erforderlichen Pflichtangaben ordnungsgemäß erteilt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird mit den folgenden Ergänzungen auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochten Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO):

Eine Anmeldung zu der Gruppenversicherung (KSB/KSB Plus) erfolgte nicht.

Die Beklagte hat das Fahrzeug sichergestellt und mit Gutachten vom 22. Juli 2019 bewertet, hinsichtlich dessen Einzelheiten auf die Anlage B 45 (BI. 564ff d.A.) Bezug genommen wird.

Das Landgericht hat die Klage mit am 19. August 2020 verkündetem Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass das Gericht örtlich nicht zuständig sei, insbesondere nicht nach § 29 ZPO. Im Übrigen sei die Klage auch nicht begründet. Zwar habe dem Kläger als Darlehensnehmer eines Verbraucherdarlehensvertrages ein Widerrufsrecht zugestanden. Dieses sei aber bei Erklärung des Widerrufs verfristet gewesen, da die Beklagte den Kläger mit den Vertragsinformationen hinreichend über das ihm zustehende Widerrufsrecht belehrt habe.

Gegen dieses, ihm am 26. August 2020 zugestellte, Urteil richtet sich die am 23. September 2020 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26. November 2020 am selben Tag begründete Berufung des Klägers. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei für sämtliche geltend gemachten Ansprüche nach § 29 ZPO zuständig. In der Sache führt der Kläger unter ergänzender Bezugnahme auf seine erstinstanzlichen Schriftsätze wie folgt aus:

Entgegen der Ansicht des Landgerichts - und des Bundesgerichtshofes, dessen Entscheidung vom 5. November 2019 von einer "breiten Masse" als europarechtswidrig angesehen werde - sei über das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB zu belehren und die Belehrungen zum Verzugszinssatz, ins...

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