Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf eines unter Einbeziehung der Europäischen Standardinformation geschlossenen Darlehensvertrags zur Finanzierung eines Pkw-Kaufs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für den verständigen Verbraucher wird durch die Formulierung "Anmeldung zum KSB/KSB Plus" in der Widerrufsinformation zu einem Verbraucherdarlehensvertrag deutlich, dass hiermit die Anmeldung zu der Gruppenversicherung mit dem jeweils von dem Verbraucher gewählten Versicherungsumfang umschrieben wird.

2. Die für die Einbeziehung der Europäischen Standardinformation erforderliche Urkundeneinheit ist auch ohne körperliche Verbindung der Vertragsunterlagen und ohne fortlaufende Paginierung gewahrt, wenn Darlehensantrag und Standardinformationen einheitlich graphisch gestaltet und sämtliche Seiten mit dem Namen des Klägers, einem einheitlichen Druckdatum sowie einer auf den konkreten Darlehensvertrag bezogene Buchstabenkombination / Barcode versehen sind und die Standardinformation, die der Kläger unstreitig mit dem Darlehensvertrag erhalten und diesen Erhalt mit seiner Unterschrift bestätigt hat, auch mit ihrem Inhalt (Kreditbetrag, Teilzahlungen etc.) Bezug auf den Hauptvertrag nimmt sowie im Darlehensantrag der Hinweis enthalten ist: "Für diesen Vertrag gelten weiter die aufgeführten Darlehensbedingungen. Auch die ausgehändigten Merkblätter sowie die Versicherungsbedingungen des KSB/KSB Plus sind zu beachten."

 

Normenkette

BGB §§ 126, 355, 492 Abs. 2, § 495 Abs. 1; EGBGB Art. 247 §§ 3, 6-7, 12

 

Verfahrensgang

LG Stade (Urteil vom 31.07.2020; Aktenzeichen 6 O 408/19)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 31. Juli 2020 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Stade wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 16.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs einer auf den Abschluss eines Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers.

Der Kläger erwarb im Juli 2016 einen gebrauchten V. T. zum Kaufpreis von 12.750,00 EUR. Zur Finanzierung dieses Kaufs schlossen die Parteien am 20. Juli 2016 einen Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von 13.630,14 EUR. Der Kläger ließ sich zudem von der Beklagten zur Gruppenversicherung "Kreditschutzbrief Plus" (KSB Plus) anmelden. Die hierfür zu zahlende Prämie wurde über das Darlehen mitfinanziert. Die dem Kläger erteilte Widerrufsinformation lautete wie folgt:

Abbildung

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Wegen des weiteren Inhalts des Vertrages und der dem Kläger unstreitig ausgehändigten Europäischen Standardinformationen wird auf die Anlagen B 1 - B 3 (Anlagenhefter Beklagte) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 4. März 2019 widerrief der Kläger seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung. Die Beklagte wies den Widerruf zurück, weshalb der Kläger nach erfolgloser vorgerichtlicher Aufforderung zur Rückabwicklung des Vertrages durch seinen späteren Prozessbevollmächtigten Klage auf Feststellung des Nichtbestehens von Ansprüchen der Beklagten sowie auf Rückzahlung der geleisteten Darlehensraten Zug um Zug gegen Herausgabe des Pkw, auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten und auf Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten erhoben hat. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war das Darlehen bereits vollständig abgelöst.

Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil nebst den dort wiedergegebenen Anträgen Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Feststellungsantrag zu 1 sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Der Widerruf des Klägers sei unwirksam, da verfristet erfolgt. Die Widerrufsbelehrung sei fehlerfrei erteilt worden.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt und seinen Vortrag wiederholt und vertieft. Der Kläger vertritt insbesondere weiterhin die Auffassung, dass die Widerrufsinformation fehlerhaft sei. Pflichtangaben seien fehlerhaft bzw. unvollständig erteilt worden. Dies betreffe insbesondere die Angaben zu Name und Anschrift des Darlehensvermittlers, zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung, zum Verzugszinssatz und der Art und Weise seiner etwaigen Anpassung, eine fehlerhafte Aufklärung über die Widerrufsfolgen sowie eine Belehrung über eine nichtexistierende Rückzahlungsverpflichtung des Darlehensnehmers und über ein tatsächlich nicht abgeschlossenes verbundenes Geschäft. Der Kaskadenverweis auf § 492 Abs. 2 BGB sei europarechtswidrig. Die Gesetzlichkeitsfiktion komme der Beklagten nicht zugute. Ferner hat der Kläger erstmals im Berufungsverfahren die vermeintlich fehlerhafte Angabe der Auszahlungsbedingungen gerügt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Klägers wird auf die...

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