Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsverwaltung
Leitsatz (redaktionell)
Zum Erlösherausgabe- bzw. Schadensersatzanspruch des Erben bzw. Testamentsvollstreckers bei Veräußerung eines unter staatlicher Zwangsverwaltung stehenden Grundstücks.
Normenkette
VermG § 11 Abs. 2 S. 2, Abs. 4 S. 1, §§ 13, 15 Abs. 2 S. 1; BGB § 1004 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Potsdam (Beschluss vom 31.05.1994; Aktenzeichen 1 O 330/94) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts Potsdam vom 31. Mai 1994 – 1 O 330/94 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer beträgt 24.084,– DM.
Tatbestand
Die Antragstellerin ist Testamentsvollstreckerin über den Nachlaß der am 30. August 1992 verstorbenen, zuletzt in B. wohnhaft gewesenen Frau F. K., geb. W. (im folgenden: Erblasserin). Der Nachlaß der Erblasserin umfaßt auch das Eigentum an dem Grundstück W. Straße 7 (10) in G. (Gemarkung G., Flur 1, Flurstück 506; 850 m 2 Bodenfläche, bebaut mit einem Wohnhaus; eingetragen im Grundbuch von G. Blatt 224; im folgenden: Grundstück). Das Grundstück stand aufgrund der Verordnung vom 17. Juli 1952 unter der staatlichen Verwaltung durch den Rat der Gemeinde G.; der Antragsgegner zu 1) ist Rechtsnachfolger der Gemeinde G.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 18. Dezember 1992 (zur UR-Nr. 228/1992 des Notars W. in B.) verkaufte die Gemeinde G. das Grundstück für einen Preis von 72.250,– DM an die Antragsgegnerin zu 2). Gemäß § 5 des Vertrages erfolgte die Übergabe des Grundstücks an die Antragsgegnerin zu 2) ebenfalls am 18. Dezember 1992. In § 11 des Vertrages wurde die Auflassung erklärt und die Eintragung des Eigentumsüberganges im Grundbuch beantragt und bewilligt; ferner beantragt und bewilligt wurde die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der Antragsgegnerin zu 2). Bei dem Vertragsabschluß lag eine Negativbescheinigung des Landkreises Potsdam vom 19. Oktober 1992 bei, wonach keine Anmeldung nach dem Vermögensgesetz vorliege.
Am 28. Dezember 1992 beantragte die Antragstellerin bei dem Landkreis Potsdam die Aufhebung der staatlichen Verwaltung. Mit Schreiben vom 28. Januar 1993 teilte der Landkreis Potsdam der Antragstellerin mit, daß die staatliche Verwaltung gemäß § 11a VermG mit Ablauf des 31. Dezember 1992 beendet worden sei. Mit Schreiben vom 22. Dezember 1992, eingegangen am 30. Dezember 1992, beantragte Notar W. die Eintragung der Auflassungsvormerkung zugunsten der Antragsgegnerin zu 2) bei dem Grundbuchamt des damaligen Kreisgerichts Potsdam. Zur Eintragung der Auflassungsvormerkung zugunsten der Antragsgegnerin zu 2) kam es – infolge von Beanstandungen des Grundbuchamtes vom 22. Februar und 7. Juli 1993 und nach Eingang notarieller Änderungsurkunden vom 19. März und 23. August 1993 – erst am 20. September 1993. Am 10. August 1993 war die Grundstücksverkehrsgenehmigung für den Kaufvertrag vom 18. Dezember 1992 durch den Landkreis Potsdam erteilt worden.
Durch ein Schreiben des Antragsgegners zu 1) vom 18. August 1993 erfuhr die Antragstellerin erstmals von der Veräußerung des Grundstücks mit Vertrag vom 18. Dezember 1992 und ging im folgenden – bisher erfolglos – gegen die Grundstücksverkehrsgenehmigung vom 10. August 1993 vor. Mit Schreiben vom 22. März 1994 forderte die Antragstellerin den Antragsgegner zu 1) zur Übergabe des Grundstücks auf, was der Antragsgegner zu 1) mit Schreiben vom 1. März und 7. April 1994 verweigerte.
Die Antragstellerin hat mit Eingang vom 13. Mai 1994 bei dem Landgericht Potsdam den Erlaß einer einstweiligen Verfügung beantragt, wonach den Antragsgegnern die Herbeiführung der Eintragung der Antragsgegnerin zu 2) als Eigentümerin des Grundstücks in das Grundbuch bis zum rechtskräftigen Abschluß des laufenden Hauptsacheverfahrens untersagt werden solle.
Die Antragstellerin hat geltend gemacht, die Gemeinde G. sei zum Abschluß des Vertrages vom 18. Dezember 1992 nicht befugt gewesen. Jedenfalls dürfe der Vertrag nach dem 28. Dezember 1992 nicht mehr vollzogen werden, was insbesondere für den Antrag auf Eintragung des Eigentümerwechsels in das Grundbuch gelte. Der Vertrag vom 18. Dezember 1992 binde den Eigentümer nicht, da eine bindende Verfügung des staatlichen Verwalters gemäß § 11 VermG erst dann vorliege, wenn die dingliche Abwicklung noch vor der Beendigung der staatlichen Verwaltung abgeschlossen worden sei.
Mit seinem Beschluß vom 31. Mai 1994, auf den ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht Potsdam den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im wesentlichen ausgeführt, daß die Gemeinde G. gemäß §§ 11, 15 VermG zur Verfügung über das Grundstückseigentum befugt gewesen sei und die Grundstücksverkehrsgenehmigung vom 10. August 1993 auf das Datum des Vertragsabschlusses vom 18. Dezember 1992 zurückgewirkt habe, so daß der Vertrag vom 18. Dezember 1992 insgesamt wirksam und für den Eigentümer bindend sei.
Gegen di...