Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 10.08.2020 (Az.: 13 O 196/19) abgeändert und die Beklagte verurteilt, das Facebook-Profil des Klägers mit dem Namen "(X) (Y)" wieder freizuschalten und an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.029,35 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.09.2020 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Wert des Berufungsverfahrens: 15.000,00 EUR

 

Gründe

I. Der Kläger gehört dem Bundesvorstand der NPD an, er ist Mitglied des Kreistages des Landkreises Oder-Spree. Im Rahmen seiner politischen Laufbahn war er Mitglied des Bundesvorstandes der Jugendorganisation der NPD, den JN (Junge Nationale). Diese ist als Jugendorganisation der NPD nicht selbst Partei.

Die Beklagte betreibt das Social Media Portal "Facebook".

Der Kläger unterhielt auf dem Portal der Beklagten ein privates Nutzerprofil mit dem Namen "(X) (Y)". Er erstellte ein Nutzerkonto bei der Beklagten, indem er sich mit der von ihm verwendeten E-mail Adresse bei der Beklagten anmeldete. Vor jeder Registrierung muss der Nutzer den Facebook-Nutzungsbedingungen zustimmen.

Die Nutzungsbedingungen der Beklagten (Ziffer 3.2 und Ziffer 5) verweisen auf die Facebook Gemeinschaftsstandards, die unter anderem beinhalten, dass Hassorganisationen auf der Plattform verboten sind und Hassrede nicht zugelassen wird. Wegen der Einzelheiten der Nutzungsbedingungen wird auf die Darstellung im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie die Anlage K 1 Bezug genommen. Wegen der Einzelheiten der Gemeinschaftsstandards wird ebenfalls auf das erstinstanzliche Urteil sowie die Anlage B 35 Bezug genommen.

Der Kläger postete am 26.05.2019 (Post 1) ein Wahlplakat der NPD, auf dem, verbunden mit einem Aufruf, zur Wahl zu gehen, die Symbole der NPD und der JN abgebildet waren. Der Post enthielt die Überschrift: "Falls noch nicht geschehen: Sollte auf alle Seiten!". Die Beklagte entfernte den Beitrag am 09.07.2019.

Ebenfalls am 26.05.2019 (Post 2) postete der Kläger ein weiteres, ähnliches Wahlplakat der NPD, auf dem ebenfalls die Symbole der NPD und der JN abgebildet waren. Diesen Betrag entfernte die Beklagte am 01.06.2019. Es wurde im Folgenden kurzzeitig wieder hergestellt, wobei die Beklagte behauptet, dies beruhe auf einem Versehen, während der Kläger behauptet, die Wiederherstellung sei aufgrund seiner Beschwerde erfolgt. In der Folge wurde der Post erneut vom Facebook-Dienst entfernt.

Ein weiterer Beitrag des Klägers vom 26.05.2019 (Post 3) war identisch mit Post 1. Diesen entfernte die Beklagte ebenfalls am 01.06.2019. Genau wie der Post 2 wurde Post 3 zunächst - ob aufgrund eines Versehens der Beklagten oder einer Beschwerde des Klägers, ist streitig - kurzzeitig wiederhergestellt und in der Folge erneut entfernt.

Ein viertes Posting des Klägers (Post 4) stammte vom 19.06.2018 durch Teilen eines Videobeitrags, das die NPD Brandenburg als weitere Nutzerin eingestellt hatte. Das Video berichtete von der Veranstaltung "Tage der nationalen Bewegung - Musik und Spiel für Deutschland". In dem Bericht war ebenfalls ein Symbol der JN zu sehen. Der Kläger fügte mit Post 4 auf der Seite der NPD Brandenburg einen Zusatz hinzu: "DS-TV war auch in Themar dabei" und teilte das Video auf seiner eigenen, von ihm geführten Politiker-Seite. Die Beklagte entfernte den Betrag am 28.06.2018.

Am 27.07.2018 (Post 5) teilte der Kläger ein Video der "Epoch Times", welches darüber berichtete, wie 600 Immigranten versuchten, in C... die spanische Grenze zu überqueren. Der Kläger kommentierte das Video mit den Worten "Das sind keine 'Flüchtlinge', sondern Aggressoren". Die Beklagte entfernte es am selben Tag.

Am 09.07.2019 deaktivierte die Beklagte das Konto des Klägers. Am 19.07.2019 teilte die Beklagte dem Kläger per E-mail mit, dass ein von ihm geposteter Inhalt nicht den Gemeinschaftsstandards entspreche, weshalb sein Konto deaktiviert werde. Wegen des Inhalts des Schreibens wird auf die Anlage K 2 Bezug genommen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 02.08.2019 forderte der Kläger die Beklagte auf, sein Nutzerkonto wieder freizuschalten.

Der Kläger hat behauptet, er habe die Posts 1 bis 3 nur in geschlossenen Gruppen mit 33 bzw. 39 Mitgliedern gepostet. Er hat die Auffassung vertreten, er habe nicht gegen die Gemeinschaftsstandards verstoßen. Im Übrigen könne sich die JN als Jugendorganisation der NPD auf das Parteienprivileg berufen. Darüber hinaus sei eine komplette Löschung eines Facebook-Profils nur nach vorheriger Abmahnung zulässig. Diese sei nicht erfolgt. Zudem sei eine Kündigung nach den Bedingungen der Beklagten (Ziffer 4.2.) nur innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach Kenntniserlangung von dem Verstoß zulässig, was ebenfalls nicht der Fall gewesen sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, das Facebook-Profil mit dem Namen "(X) (Y)" unverzüglich wieder freizuschalt...

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