Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers wird der Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 23. Januar 2020 - 2 O 5/20 - aufgehoben.
Der Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, in Bezug auf den Verfügungskläger zu behaupten und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen: Er habe gesagt, man müsse die Euthanasie im Dritten Reich aus ihrer Zeit heraus verstehen.
Die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Kosten hat der Verfügungskläger zu tragen. Die übrigen Kosten des Verfahrens hat die Verfügungsbeklagte zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Verfügungskläger begehrt die Unterlassung der Äußerung durch die Verfügungsbeklagte, er habe gesagt "man müsse die Euthanasie im Dritten Reich aus ihrer Zeit heraus verstehen".
Der Verfügungskläger ist Mitglied der ...-Fraktion des Deutschen Bundestags und besuchte am.... Oktober 2019 mit einer Gruppe des Bundespresseamtes die durch die Verfügungsbeklagte geleitete Gedenkstätte Lindenstraße in P.... Im Gebäude dieser Gedenkstätte befand sich von 1934 bis 1944 das NS-Erbgesundheitsgericht, das mehr als 3.300 Zwangssterilisationen anordnete, und bis 1945 das Gerichtsgefängnis für politisch und rassisch Verfolgte des NS-Regimes. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Gebäude als Zentrales Sowjetisches Geheimdienstgefängnis und ab 1952 als Untersuchungsgefängnis des Ministeriums für Staatssicherheit genutzt. Im Rahmen der Führung kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Verfügungskläger und der Gedenkstättenführerin S... R... über die thematische Ausrichtung der Führung.
Am 28. November 2019 erstattete die Verfügungsbeklagte Strafanzeige gegen den Verfügungskläger wegen Volksverhetzung. Sie führte hierzu gegenüber der Polizei unter anderem aus, dass dieser im Laufe der Führung geäußert habe, man müsse die Euthanasiemorde aus ihrer Zeit heraus verstehen. Am 29. November 2019 bestätigte die Verfügungsbeklagte diesen Geschehensablauf gegenüber einem Journalisten der Zeitung "...", woraufhin noch weitere Medien unter Bezugnahme auf die dortige Veröffentlichung bzw. auf Anfragen an die Polizei zu der erstatteten Strafanzeige über den Vorfall berichteten.
Der Verfügungskläger hat beantragt,
1. der Verfügungsbeklagten aufzugeben, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, in Bezug auf ihn zu behaupten und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen: Er habe gesagt, man müsse die Euthanasie im Dritten Reich aus ihrer Zeit heraus verstehen,
2. der Verfügungsbeklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anzudrohen.
Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Verfügungskläger zwar eine entsprechende Äußerung der Verfügungsbeklagten gegenüber der Zeitung "...", nicht jedoch die Unwahrheit dieser Äußerung glaubhaft gemacht habe. Seine diesbezügliche eidesstattliche Versicherung sei, da sie sich lediglich auf den Inhalt eines mit der Gedenkstättenführerin am Ende der Führung geführten Gesprächs beziehe, nicht ergiebig.
Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers, der sein erstinstanzliches Begehren auf Erlass der einstweiligen Verfügung vollumfänglich weiterverfolgt.
Die strafrechtlichen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Potsdam, Az.: 496 Js 54691/19, haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
II. Die sofortige Beschwerde ist nach §§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 936, 922 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie wurde insbesondere innerhalb der Frist des § 569 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO eingelegt. Auch wenn es an der nach § 572 Abs. 1 ZPO erforderlichen Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung des Landgerichts fehlt, ist angesichts der Eilbedürftigkeit der Sache davon abzusehen, die Sache zur ordnungsgemäßen Entscheidung über die Abhilfe an das Landgericht zurückzugeben. Das hier aufgrund des unmittelbar beim Beschwerdegericht eingelegten Rechtsmittels nicht durchgeführte Abhilfeverfahren ist keine Verfahrensvoraussetzung für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens und die insoweit zu treffende Entscheidung (vgl. OLG Stuttgart, MDR 2003, 110, 111; Zöller/Heßler, ZPO, 33. Auflage, § 572 Rn. 4). Dies gilt insbesondere in Fällen besonderer Dringlichkeit, die im einstweiligen Verfügungsverfahren regelmäßig gegeben ist (OLGR Frankfurt 2002, 234, 236).
Aufgrund der in der Besc...