Verfahrensgang
LG Cottbus (Aktenzeichen 1 O 384/19) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 21. Oktober 2022 verkündete Teilurteil des Landgerichts Cottbus, Az. 1 O 384/19, zum Klageantrag zu Ziffer 3 (auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks, eingetragen im Grundbuch von G... des Amtsgerichts Cottbus, Flur ..., Flurstück .../... sowie des hierauf befindlichen Einfamilienhauses) aufgehoben. Insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen.
Die Berufung des Klägers wird verworfen, soweit sie sich gegen den Beklagten zu 2 richtet.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 214.720,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Räumung und Herausgabe sowie Nutzungsersatz betreffend ein Hausgrundstück.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Beklagten zu 2. Die Beklagte zu 1 ist die Ehefrau des Beklagten zu 2. Gemeinsam bewohnen sie ein im Alleineigentum des Beklagten zu 2 stehendes Einfamilienhaus in G... als Ehewohnung. Zwischen den Eheleuten besteht kein Mietvertrag. Jedenfalls seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Januar 2008 bis zum Jahr 2016 forderte der Kläger die Beklagte nicht zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung auf.
Der Kläger begehrt mit den Klageanträgen zu 1 und 5 von der Beklagten für die unentgeltliche Nutzung des Wohneigentums ihres Ehemanns die Zahlung einer Nutzungsentschädigung von jeweils 7.800,00 EUR für die Jahre 2016 und 2018 (jeweils 5,- EUR/m2 für geschätzte 130 m2 Wohnfläche). Er hat behauptet, die Wohnfläche des von den Beklagten genutzten Hauses, die für die Nutzungsentschädigung zugrunde zu legen sei, betrage 138 m2 (Bl. 82). Im Berufungsverfahren hat er mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2023, zugestellt am 2. Januar 2024, die Klage erweitert und verlangt weitere 7.800,00 EUR nebst Zinsen für das Jahr 2020. Mit dem Klageantrag zu 2 hat er begehrt, festzustellen, dass die Beklagte zu 1 als Gesamtschuldnerin neben ihrem Ehemann dem Kläger seit 1. Januar 2016 für veranschlagte 170 m2 Wohnfläche mindestens 5,- EUR/m2 als Nutzungsentschädigung schuldet. Im Berufungsverfahren hat der Kläger diesen Antrag auf den Beklagten zu 2 erweitert und begehrt nunmehr diese Feststellung gegenüber beiden Beklagten. Mit dem Klageantrag zu 3 hat der Kläger von der Beklagten zu 1 die Räumung und Herausgabe des Grundstücks an die Insolvenzmasse begehrt, um es zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu verwerten. Erstinstanzlich hat er darüber hinaus beantragt, auch den Beklagten zu 2 zu verurteilen, das streitbefangene Grundstück in G... sowie das Einfamilienhaus zu räumen und an ihn herauszugeben.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben die Auffassung vertreten, der Beklagten zu 1 stünde ein Besitzrecht an der Wohnung zu. Das Recht ergebe sich aus dem Gebot der ehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne von § 1353 Abs. 1 BGB.
Wegen des weiteren Sachverhalts und des Wortlauts der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat mit dem angegriffenen Teilurteil die Klageanträge auf Zahlung und Feststellung von Nutzungsersatz und den Herausgabeantrag gegenüber der Beklagten zu 1 abgewiesen. Sie habe ein Recht auf Mitbesitz am gemeinsam genutzten Einfamilienhaus. Ihr Besitzrecht bestünde so lange, wie der Kläger die Herausgabe des Grundvermögens gegen den Beklagten zu 2 aus dem Insolvenzeröffnungsbeschluss nicht vollstrecke. Aufgrund des Besitzrechts der Beklagten zu 1 komme auch ein Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung gemäß §§ 987, 988 BGB nicht in Betracht, da es an einer Vindikationslage im Sinne von §§ 985, 986 BGB fehle. Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB scheide aus, da die Beklagte zu 1 nichts durch Leistung des Klägers ohne Rechtsgrund erlangt habe. Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 2 (Nichtleistungskondiktion) scheide aus, weil der Mitbesitz der Beklagten zu 1 durch Leistung des Beklagten zu 2 zwecks Erfüllung seiner Pflicht zur Herstellung der häuslichen Lebensgemeinschaft einerseits und seiner aus dem konkludent zwischen den Beklagten geschlossenen Gebrauchsüberlassungsvertrag folgenden Pflicht zur Einräumung des Mitbesitzes an der Ehewohnung andererseits zugewandt habe. Im Hinblick auf diese Vermögensverschiebung liege ein Leistungsverhältnis vor, welches eine Nichtleistungskondiktion des Klägers sperre.
Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit der form- und fristgerechten Berufung, die er im Feststellungsantrag (Klageantrag zu Ziffer 2) nunmehr gegen beide Beklagten als Gesamtschuldner richtet.
Er rügt, es handele sich um eine Überraschungsentscheidung unter Verletzung rechtlichen Gehörs. Der Erlass eines Teilurteils sei unzulässig, da die Durchsetzung des Räumungs- und Herausgabeanspruchs einen Titel gegen beide Eheleute voraussetze. Die Klagegegenstände seien ni...