Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage der Prüffähigkeit einer Schlussrechnung nach vorzeitiger Beendigung eines VOB-Pauschalpreisvertrages.
2. Eine erst nach Beendigung des erstinstanzlichen Rechtsstreits erstellte und mit der Berufungsbegründung vorgelegte (neue) Schlussrechnung stellt ein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel i.S.v. § 531 Abs. 2 ZPO dar, welches nur unter den dort genannten Voraussetzungen zuzulassen ist.
3. Nachlässig i.S.v. § 531 Abs. 2 ZPO handelt der Auftragnehmer auch dann, wenn er die in seinem Einflussbereich liegende Schaffung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen wie z.B. die Erstellung einer prüffähigen Schlussrechnung als Fälligkeitsvoraussetzung erst nach Beendigung der ersten Instanz herbeiführt.
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 16.03.2004; Aktenzeichen 13 O 147/03) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 16.3.2004 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Frankfurt (Oder), Az. 13 O 147/03, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird hinsichtlich des Zahlungsantrages zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten in erster Linie restlichen Werklohn aus einem vorzeitig beendeten Pauschalpreisvertrag vom 12.3.2003 betreffend die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück des Beklagten. Der vereinbarte Bruttopauschalpreis betrug 99.800 Euro. Darüber hinaus wurde die Klägerin mit Nachtragsleistungen beauftragt. Mit Schreiben vom 11.12.2002 kündigte der Beklagte unter Berufung auf eine aus seiner Sicht unberechtigte Arbeitseinstellung der Klägerin den Vertrag. Ihrer Schlussrechnung vom 23.12.2002 über einen Betrag von 26.420,06 Euro legte die Klägerin ein "Aufmaß" zugrunde, in dem sie die nach ihrer Auffassung nicht fertiggestellten Arbeiten aufführte. Nachdem sich bereits unter dem 21.6.2002 die V. AG ggü. dem Beklagten für die vertragsgemäße Bauausführung bis zu einem Betrag von 7.500 Euro verbürgt hatte, wurde dieser Betrag zwischenzeitlich an den Beklagten ausbezahlt. Insoweit begehrt die Klägerin die Feststellung, dass der Beklagte keine Zahlungsansprüche aus der Bürgschaft hatte. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt erster Instanz wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.
Das LG hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass die Forderung des Klägers derzeit noch nicht fällig sei, weil es an einer prüffähigen Schlussrechnung fehle. Sie entspreche nicht den Grundsätzen der BGH-Rechtsprechung zur Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreisvertrages. So könne der Beklagte nicht prüfen, ob die Forderung in Anbetracht der erbrachten Leistungen mit dem vereinbarten Pauschalpreis korreliere. Die erbrachten Leistungen würden von den nicht erbrachten Leistungen nicht hinreichend getrennt. Es genüge nicht, hinsichtlich der nach der Baubeschreibung geschuldeten Arbeiten ein Fixum festzusetzen, sondern die geschuldeten Arbeiten seien im Einzelnen aufzuführen. Die nach dem Vertrag für den erreichten Bautenstand vorgesehenen Raten könnten nicht ohne weiteres als angemessene Vergütung der einzelnen Teilleistungen gelten. Der vorgelegten Kalkulation fehle jeder erkennbare Bezug zum geschuldeten Leistungsumfang. Ein Schriftsatznachlass sei dem Kläger nicht zu gewähren gewesen, da das Problem der fehlenden Prüfbarkeit zwischen den Parteien seit Zugang der Klageerwiderung ausgiebig erörtert worden sei. Der Feststellungsantrag unterliege der Abweisung, weil es an einem Feststellungsinteresse gem. § 256 ZPO fehle. Aus der Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen Klägerin und Beklagtem ergäben sich für die Bürgen keine vorgreiflichen und bindenden Feststellungen.
Gegen das der Klägerin am 19.3.2004 zugestellte Urteil hat sie mit einem am 13.4.2004 beim Brandenburgischen OLG eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung zum 21.6.2004 mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Klägerin verfolgt ihr erstinstanzliches Klageziel weiter, allerdings hinsichtlich des Zahlungsantrages reduziert um einen Betrag von 1.678,33 Euro und mit dem Zahlungsbegehren an sich selbst. Sie tritt der Auffassung des LG zur fehlenden Prüffähigkeit der Schlussrechnung entgegen. Ein Vergleich der vertraglich geschuldeten mit den abgerechneten Leistungen sei anhand der Schlussrechnung auf der Grundlage der Urkalkulation ohne weiteres möglich. Die Schlussrechnung orientiere sich - wie bei einem Angebot nach Einheitspreisen - offenkundig an der Urkalkulation. Das Aufmaß, welches im Wesentlichen die nicht erbrachten Leistungen enthalte, diene als Hilfsmittel zur Prüfung der Schlussrechnung, und es sei ohne weiteres möglich, allein anhand der Feststell...