Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindesunterhalt: Voraussetzungen des Wechselmodells. keine anteilige Barunterhaltspflicht bei überobligatorischen Betreuungsleistungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Nur in Fällen, in denen ein hälftiges „Wechselmodell” praktiziert wird, ist der Kindesunterhalt von beiden Eltern anteilig zu leisten.
2. Liegt der Schwerpunkt der Betreuung bei einem Elternteil, ist der andere Elternteil allein barunterhaltspflichtig, auch wenn mehr Umgangskontakte als üblich stattfinden.
3. Bei überobligatorischen Betreuungsleistungen des Barunterhaltspflichtigen ist es gerechtfertigt, von einer Höhergruppierung abzusehen und auch einen Mehrbedarf allein dem anderen leistungsfähigen Elternteil aufzuerlegen.
Normenkette
BGB § 1606 Abs. 3, § 1612b Abs. 5
Verfahrensgang
AG Potsdam (Urteil vom 02.03.2006; Aktenzeichen 43 F 81/05) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 2.3.2006 verkündete Urteil des AG - FamG - Potsdam - 43 F 81/05 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte wie folgt zur Zahlung von Unterhalt verurteilt bleibt:
für den Kläger zu 1) ab August 2005 Unterhalt i.H.v. mtl. 231 EUR, und für den Kläger zu 2) für den Zeitraum von August 2005 bis einschließlich Oktober 2005 Unterhalt i.H.v. mtl. 177 EUR und ab November 2005 Unterhalt i.H.v. mtl. 231 EUR.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Zahlungen sind für den Zeitraum Januar 2006 bis einschließlich September 2006 i.H.v. mtl. 151 EUR je Kläger an das Jugendamt der Landeshauptstadt P.; im Übrigen zu Händen der Mutter der Kläger zu leisten; laufender Unterhalt ist jeweils am dritten Werktage eines jeden Monats fällig.
Die Kosten des Rechtstreits tragen die Kläger zu jeweils 1/10 und der Beklagte zu 4/5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger zu 1), geb. am ...1996, und der Kläger zu 2), geb. am ... 1999, sind die Kinder des Beklagten; sie nehmen den Beklagten auf Zahlung von Unterhalt ab Rechtshängigkeit der Klage (August 2005) in Anspruch.
Über den Aufenthalt der Kinder haben sich die Eltern in dem Verfahren 15 UF 10/05 OLG Brandenburg vor dem Senat durch Vereinbarung vom 14.4.2005, die sich der Senat zu eigen gemacht hat und auf deren Inhalt - Bl. 81 ff. d.A. - wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, wie folgt geeinigt:
Die Kläger haben ihren Lebensmittelpunkt bei der Mutter. Der Beklagte hat mit ihnen Umgang an jedem zweiten Wochenende von Freitag nach der Schule bis Montag zur Schule; ferner in den Wochen dazwischen am Montag nach der Schule bis 18:00h und jeden Mittwoch nach der Schule bis 18:00h.
Auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung des sie ausfüllenden Sachvortrags der Parteien zu Beginn des Verfahrens ist das AG davon ausgegangen, dass die Kläger zu 60 % von der Mutter und zu 40 % von dem Beklagten betreut werden. Angesichts dieser Betreuungssituation sei der den Klägern zu zahlende Barunterhalt in entsprechender Anwendung von § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB quotenmäßig auf beide Eltern aufzuteilen. Die Aufteilung hat das AG in der Weise vorgenommen, dass es an Hand der Düsseldorfer Tabelle aus dem zusammengerechneten Einkommen beider Eltern den Bedarf der Kläger ermittelt und diesen Bedarf sodann anteilig entsprechend den beiderseitigen anrechenbaren Einkünften und unter Berücksichtigung der Betreuungsquote auf die Eltern aufgeteilt hat; dabei ist es auf Seiten des Beklagten von einem (unstreitigen) Nichterwerbseinkommen (Berufsunfähigkeitsrente) i.H.v. mtl. 2.054,13 EUR ausgegangen, von dem es Vorsorgeaufwendungen i.H.v. mtl. 414 EUR abgezogen hat. Auf diesem Wege ist es zu auf den Beklagten entfallenden Unterhaltsbeträgen von mtl. 259,08 EUR für den Kläger zu 1) und von mtl. 200,55 EUR (bis Oktober 2005) bzw. 259,08 EUR (ab November 2005) für den Kläger zu 2) gelangt und hat den Beklagten entsprechend zur Zahlung von Unterhalt verurteilt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung, mit der er, im Grundsatz der Berechnungsmethode des AG folgend, im Wesentlichen geltend macht, das AG habe zu seinen Lasten eine fehlerhafte Quote ermittelt; in Wirklichkeit sei der Anteil des Barunterhalts der Kläger, den die Mutter schulde, wesentlich höher.
Der Beklagte beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen, als er verurteilt worden sei, dem Kläger zu 1) Unterhalt i.H.v. mehr als mtl. 41,34 EUR und dem Kläger zu 2) Unterhalt i.H.v. mehr als mtl. 20,77 EUR (bis Oktober 2005) bzw. 41,34 EUR (ab November 2006) zu zahlen.
Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
II. Die gem. § 511 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten hat im Wesentlichen keinen Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet, den Klägern in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Unterhalt zu zahlen. Die festgesetzten Beträge entsprechen dem Tabellenunterhalt der Einkommensgruppe 3 der Düsseldorfer Tabelle abzgl. des gem. § 1612b A...