Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 13.08.2014; Aktenzeichen 11 O 110/12) |
Tenor
Auf die Berufungen des Klägers und des Beklagten zu 1. wird das am 13.8.2014 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Potsdam - Az.: 11 O 110/12 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte zu 1. wird verurteilt, an den Kläger 13.021,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.7.2012 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 731,02 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehenden Berufungen werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers erster Instanz haben der Kläger 86 % und der Beklagte zu 1. 14 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. haben der Kläger zu 57 % und der Beklagte zu 1. zu 43 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. und 3. hat der Kläger zu tragen.
Von den Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Klägers in der Berufungsinstanz haben der Kläger 84 % und der Beklagte zu 1. 16 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. in der Berufungsinstanz haben der Kläger zu 57 % und der Beklagte zu 1. zu 43 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. und 3. hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Partei darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der am... 01.1988 geborene Kläger, der unter dem "Asperger-Syndrom", einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung innerhalb des Autismusspektrums mit den Folgen von Schwächen im Bereich der sozialen Interaktion und Kommunikation mit eingeschränkten und stereotypen Aktivitäten und Interessen leidet, nimmt die Beklagten wegen einer im Zusammenhang mit der von dem Beklagten zu 1. durchgeführten Operation zur Beinverlängerung behaupteter Aufklärungs- und Behandlungsfehler auf Schadensersatz und Schmerzensgeld sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht für weitere materielle und immaterielle Schäden in Anspruch. Die Parteien streiten über eine ordnungsgemäße Aufklärung durch den Beklagten zu 1., eine fehlende Indikation und fehlerhafte Durchführung der Operation sowie eine fehlerhafte ambulante Nachbehandlung durch den Beklagten zu 1. Ferner besteht Streit über die Passivlegitimation der Beklagten zu 2. und 3. als vermeintliche Mitgesellschafter einer von den Beklagten unter der Bezeichnung "Chirurgisch-orthopädische Praxis an der..." in... betriebenen Gemeinschaftspraxis.
Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Diese sind dahingehend richtigzustellen, dass der Beklagte zu 2. für das Land Brandenburg keine kassenärztliche Zulassung besitzt und nach eigenem Bekunden lediglich samstags und gegebenenfalls freitags Begutachtungen in den Praxisräumen des Beklagten zu 1. durchführt. Die Beklagte zu 3. ist Anästhesistin und war nach eigenen Angaben einmal wöchentlich in der Praxis als Narkoseärztin für ambulante Operationen tätig. Mittlerweile ist die Beklagte zu 3. nicht mehr in der Praxis tätig.
Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil den Beklagten zu 1. zur Zahlung von 8.021,56 EUR nebst Zinsen an den Kläger verurteilt und die Feststellung ausgesprochen, dass der Beklagte zu 1. verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren materiellen und derzeit nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden aufgrund der durchgeführten ärztlichen Behandlung des Klägers zu ersetzen. Die gegen die Beklagten zu 2. und 3. gerichtete Klage hat das LG abgewiesen.
Zur Begründung hat das LG ausgeführt:
Die Beklagten zu 2. und 3. seien nicht passivlegitimiert. Der Kläger habe nicht hinreichend dargetan, dass die Beklagten eine Gemeinschaftspraxis führten. Die von den Beklagten zu 2. und 3. geschilderten Tätigkeiten stellten keine ärztlichen Leistungen dar, die nach Art und Umfang mit denen des Beklagten zu 1. vergleichbar seien und auch von den Beklagten zu 2. und 3. erbracht werden könnten. Die Beklagten träten auch nicht wie zu einer Gemeinschaftspraxis verbundene Ärzte nach außen auf.
Nach dem Ergebnis der Parteianhörungen und Zeugenvernehmungen sowie den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen ließe sich nicht feststellen, dass der Kläger durch den Beklagten zu 1. ausreichend aufgeklärt worden sei. Der Beklagte zu 1. habe nicht bewiesen, dass er den Kläger über das aufklärungspflichtige Risiko einer Achsfehlstellung aufgeklärt habe. Die Zeugen hätten eine entsprechende Aufklärung ebenfalls nicht bestätigt. Das Risiko einer Achsfehlstellung habe sich bei dem Kläger auch zweifach verwirklicht. Dass die Achsfehlstellung dadurch entstanden sei, ...