Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts bei Unterhaltsberechtigung des Ehemanns

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Umstand, dass die Einkünfte eines selbständigen Tischlers teils erheblich schwanken, ist nicht unüblich und führt nicht dazu, eine berufliche Tätigkeit als unangemessen anzusehen.

2. Eine Ansparabschreibung kann bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens eines Selbständigen regelmäßig nicht berücksichtigt werden.

3. Steht ein Haus im gemeinsamen Eigentum der Parteien, sind die allein von einer Partei erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen bei der Einkommensermittlung abzusetzen, da die Abzahlung auch nach der Scheidung beiden Parteien zugute kommt.

4. Auch wenn ehebedingte Nachteile nicht vorliegen, kann der Unterhaltsberechtigte nicht schon ab Rechtskraft der Scheidung auf wirtschaftliche Eigenständig verwiesen und ihm ein Unterhaltsanspruch gänzlich versagt werden, wenn die Ehe der Parteien bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages gut 19 Jahre angedauert hat.

 

Normenkette

BGB § 1573 Abs. 2, § 1574 Abs. 2, §§ 1578b, 1579 Nr. 5

 

Verfahrensgang

AG Eberswalde (Urteil vom 09.07.2009)

 

Tenor

Auf die Berufung des Antragsgegners wird das Urteil des AG Eberswalde vom 9.7.2009 in seinem Ausspruch über den nachehelichen Unterhalt abgeändert.

Die Antragstellerin wird verurteilt, an den Antragsgegner monatlichen nachehelichen Unterhalt, den zukünftigen monatlich im Voraus bis zum 1. eines jeden Monats, zu zahlen:

  • 120 EUR ab Rechtskraft der Scheidung bis einschließlich Dezember 2009,
  • 435 EUR von Januar 2010 bis einschließlich Dezember 2012.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Die Kosten zweiter Instanz haben die Antragstellerin zu 9/25, der Antragsgegner zu 16/25 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Berufungswert beträgt 12.423,64 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien haben am 14.7.1989 geheiratet. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, W., geboren am ...3.1990, und L., geboren am ...9.1992. W. leistet seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr, L. besucht noch das Gymnasium.

Zu Beginn der Ehe befand sich die Antragstellerin im Studium, war von 1995 an berufstätig und arbeitet seit März 2003 im ... ministerium. Der Antragsgegner, von Beruf Tischler, war zunächst als Monteur bei der Firma M ... angestellt. Seit dem Verlust dieses Arbeitsplatzes im Jahr 2003 betreibt er eine eigene Tischlerei.

Im Jahr 2001 erbauten die Parteien in L. ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 140 m2. Im Erdgeschoss befinden sich Gästedusche mit WC, Küche, Diele, Wohn- und Schlafraum, im ersten Obergeschoss zwei Kinder- und ein Arbeitszimmer sowie ein Bad. Die für den Bau aufgenommenen Kredite sind noch nicht abbezahlt.

Schon in der Zeit vor dem Baubeginn gab es Probleme in der Ehe, die sich später wiederholten. Der Antragsgegner richtete an die Vorgesetzte der Antragstellerin im Ministerium ein Schreiben, in dem er um Versetzung seiner Ehefrau bat, weil diese eine außereheliche Beziehung mit einem ihrer Kollegen aufgenommen habe.

Nach der spätestens Anfang 2007 erfolgten Trennung lebten die Parteien weiterhin im gemeinsamen Haus, die Antragstellerin nutzte die Wohnräume im Erdgeschoss im Wesentlichen allein, der Antragsgegner bewohnte das im ersten Stock gelegene Arbeitszimmer, die Kinder blieben in ihren Zimmern, die Küche wurde geteilt. Nachdem der (damalige) Partner der Antragstellerin bei dieser übernachtet hatte, durchtrennte der Antragsgegner am 11.4.2008 das Ehebett mit einer Stichsäge.

Durch Schriftsatz vom 31.1.2008, dem Antragsgegner zugestellt am 3.4.2008, hat die Antragstellerin das vorliegende Scheidungsverfahren eingeleitet.

Sie hat beantragt, die Ehe zu scheiden, den Versorgungsausgleich durchzuführen, ihr die gesamte Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen und den Antrag des Antragsgegners auf nachehelichen Unterhalt abzuweisen.

Der Antragsgegner hat beantragt, den Scheidungsantrag zurückzuweisen, und für den Fall der Scheidung

  • die Antragstellerin zu verurteilen, an ihn ab 1.12.2008 nachehelichen Aufstockungsunterhalt von 1.099,13 EUR zu zahlen, davon 469,66 EUR direkt an den Darlehensgläubiger des Hauskredits, sowie
  • ihm das alleinige Nutzungsrecht an Arbeits- und Badezimmer im ersten OG des Wohnhauses zuzuweisen, ebenso die Mitbenutzung der Küche im Erdgeschoss.

Durch das am 9.7.2009 verkündete Urteil hat das AG die Ehe geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt, der Antragstellerin die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zugewiesen und den Antrag des Antragsgegners auf Zahlung von Ehegattenunterhalt zurückgewiesen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Antragsgegner mit der Berufung. Er trägt vor:

Die Antragstellerin müsse ihm nachehelichen Unterhaltzahlen. Höheres Einkommen, als er tatsächlich habe, könne er nicht erzielen. Da er entsprechend der gemeinsamen Lebensplanung früher für den Familienunterhalt aufgekommen sei, müsse die Antragstellerin ihm jetzt jedenfalls noch drei Jahre lang Unte...

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