Verfahrensgang

LG Neuruppin (Aktenzeichen 31 O 228/17)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das am 20.08.2019 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Neuruppin, Az. 31 O 228/17, wird zurückgewiesen. Das Urteil wird wegen der teilweisen einseitigen Erledigungserklärung der Klägerin klarstellend wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 116.660,74 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 122.194,49 EUR vom 03.11.2017 bis zum 26.05.2020 und aus 116.660,74 EUR seit dem 27.05.2020 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung aller Forderungen, die der Klägerin in Folge des Verlustes des Restitutionsanspruchs an dem Grundstück ... in ... St...-S..., Flur ..., Flurstück ..., Größe ... qm, eingetragen im Grundbuch von St...-S..., Blatt ... gegen Dritte entstanden sind, zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe von 13.067 EUR erledigt ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil und das landgerichtliche Urteil nach Maßgabe der obigen Klarstellung sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 125.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen der fehlerhaften Erteilung einer Grundstücksverkehrsgenehmigung für das Grundstück ..., eingetragen im Grundbuch von St..., Band 4, Blatt ..., heute Grundbuch von St...-S..., Flur ..., Flurstück ... mit einer Größe von ... m2.

Das Grundstück stand ursprünglich im Eigentum der (X) OHG. Aufgrund rassistischer Verfolgung ihrer jüdischen Gesellschafter verlor sie es im Jahr 1935. Die Gesellschaft wurde am 20.12.1963 im Handelsregister gelöscht. Als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurden Hans J... G..., G... G... und E... H....

Mit Schreiben vom 09.10.1990 meldeten die Miterben der Erbengemeinschaft nach S... und L... Go... beim Ausgleichsamt B... vermögensrechtliche Ansprüche für den "Grundbesitz Gemarkung St...-G..., OHG (X)" an. Der Eingang des Schreibens wurde am 11.02.1992 bestätigt, ebenso, dass es an das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen (ARoV) weitergeleitet worden sei.

Mit Kaufvertrag vom 01.09.1999 veräußerten die Grundstückseigentümer das Grundstück zum Kaufpreis von 230.000 DM. Der Beklagte erteilte am 06.03.2000 die Grundstücksverkehrsgenehmigung. Eine Bekanntgabe der Genehmigung an die Klägerin oder deren Gesellschafter erfolgte zunächst nicht. Daraufhin wurde die Erwerberin am 26.04.2000 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.

Mit Schreiben vom 17.01.2001 informierte der Beklagte die Klägerin über die Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung und die erfolgte Grundbucheintragung. Die Klägerin erhob am 25.01.2001 Widerspruch, dessen Eingang bei dem Beklagten bestätigt wurde. Mit Schreiben an das Grundbuchamt vom 07.07.2004 teilte der Beklagte dem Grundbuchamt fehlerhaft - die Rücknahmeerklärung bezog sich auf den Bescheid des Beklagten vom 11.09.2002 (30.3/FB1-RN12036 23182, 49999), einen anderen Verkaufsvorgang - mit, dass die Klägerin den Widerspruch gegen die GVO-Genehmigung zurückgezogen habe. Diese Mitteilung gelangte nicht zur Kenntnis der Klägerin. Über den Widerspruch gegen die Grundstücksverkehrsgenehmigung wurde nicht entschieden.

Mit Beschluss vom 21.10.2013 bestellte das Amtsgericht Charlottenburg als Liquidator der Gesellschaft Herrn Rechtsanwalt L... F....

Nach bestandskräftigem Teilbescheid des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen vom 29.04.2015 nebst Bestandskraftmitteilung vom 24.06.2015 war der Antrag auf Rückübertragung begründet. Die Rückübertragung wurde aufgrund der zwischenzeitlichen Grundstücksveräußerung abgelehnt und auf Erlösauskehr an die Berechtigte erkannt.

Der spätere Antrag des J... G... auf Wiederaufgreifen des Restitutionsverfahrens wurde mit Bescheid vom 29.03.2016 zurückgewiesen. Die hierauf erhobene Klage gegen den Beklagten hat er nicht weiterverfolgt; die Klage gegen die Bundesrepublik wurde abgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Mit Schreiben vom 29.06.2015 forderte die Klägerin die Verfügungsberechtigten zur Zahlung des Veräußerungserlöses in Höhe von 117.540,89 EUR auf. Auf eine nachfolgend erhobene Klage vor dem Landgericht Berlin wurden die Veräußerer mit Urteilen vom 02.11.2015 (nur G... G...) und 07.04.2016 antragsgemäß zur Zahlung nebst Zinsen verurteilt. Die hiergegen erhobenen Rechtsmittel wies das Kammergericht mit Beschluss vom 23.02.2017 zurück. Eine Vollstreckung blieb aufgrund der Vermögenslosigkeit der Veräußerer weitgehend erfolglos.

Mit Schreiben vom 09.05.2016 meldeten die Kläger Amtshaftungsansprüc...

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