Leitsatz (amtlich)
Geschäftsführeranstellungsvertrag: Anspruch auf Rückerstattung von Bereitschaftsentgelt unter Berücksichtigung einer Ausgleichsklausel auf Grund der Beendigung des Vertragsverhältnisses
Normenkette
BGB §§ 123, 397 Abs. 2, § 812 Abs. 1 S. 1, § 823 Abs. 2; StGB § 263
Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 05.06.2009; Aktenzeichen 1 O 438/07) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 5.6.2009 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Potsdam - 1 O 438/07 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das am 11.7.2008 verkündete Versäumnisurteil der 1. Zivilkammer des LG Potsdam in Ziff. 2. der Entscheidungsformel klarstellend wie folgt neu gefasst wird:
Es wird festgestellt, dass das Vertragsverhältnis der Parteien, wie es aufgrund der Vereinbarung vom 30.7.2007 bis zum 31.1.2009 bestanden hat, weder durch die fristlose noch durch die vorsorgliche ordentliche Kündigung der Klägerin vom 25.9.2007, zugegangen am 30.9.2007, beendet worden ist.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten um wechselseitige Ansprüche aus dem beendeten Anstellungsverhältnis des Beklagten als Geschäftsführer der Klägerin.
Die im Jahr 1993 gegründete Klägerin betreibt mehrere Seniorenheime. Gesellschafter der Klägerin sind der A ... Regionalverband B., der A. Kreisverband D. und die Gemeinde W. Der ursprünglich weitere Gründungsgesellschafter Landkreis D. übertrug seinen Geschäftsanteil im Jahr 2004 auf den A. Regionalverband B.
Der Beklagte, der seit 1985 als Leiter des damals in Trägerschaft des Rates des Kreises K. stehenden "Feierabendheimes" W. beschäftigt war, wurde mit Beschluss der ersten Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 7.7.1993 zu deren Geschäftsführer bestellt. Ferner wurde er als Heimleiter der Einrichtung W. eingesetzt.
Am 26.4.1994 schlossen die Gesellschafter der Klägerin und der Beklagte den Geschäftsführeranstellungsvertrag. Die als "Arbeitsvertrag" bezeichnete Vereinbarung sieht die Vergütung des Geschäftsführers nach BMT-A. (Bundes-Manteltarifvertrag A.) Gruppe Ib zzgl. einer außertariflichen Zulage vor. In der Gesellschafterversammlung vom 10.10.2001 beschlossen die Gesellschafter der Klägerin, dass der Beklagte ab 1.11.2001 nach Gehaltsgruppe I BAT/Ost (Bundes-Angestelltentarifvertrag-Ost) mit sämtlichen Anhängen vergütet wird. Seit Überleitung des BAT in den TVöD (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst) wurde der Beklagte nach diesem Tarifwerk vergütet.
Neben der Grundvergütung erhielt der Beklagte Entgelt für "Leitungsbereitschaft" nach den jeweiligen Tarifwerken ausgezahlt. Der Beklagte reichte insoweit Formularbelege über abgeleistete Bereitschaftsdienste bei der Lohnbuchhaltung ein.
Am 15.3.2007 beschloss die Gesellschafterversammlung der Klägerin, dass der damals 63-jährige Beklagte auf seinen Wunsch hin die Geschäftsführertätigkeit nur noch bis zum 30.4.2008 ausüben und danach mit einer Wochenarbeitszeit von ca. 20 - 25 Stunden für Sonderaufgaben weiterbeschäftigt werden solle. Über die Einzelheiten sollte eine Vereinbarung noch getroffen werden.
Durch Gesellschafterbeschluss vom 30.7.2007 wurde der Beklagte zum 31.7.2007 als Geschäftsführer abberufen. Mit schriftlicher Vereinbarung vom gleichen Tag kamen die Gesellschafter der Klägerin und der Beklagte überein, das "Arbeitsverhältnis" des Beklagten mit Erreichen des 65. Lebensjahres zum 31.1.2009 zu beenden und den Beklagten ab dem 1.8.2007 gegen Fortzahlung des Entgelts nach Entgeltgruppe 15 Stufe 6 des TVöD von der Arbeitsleistung freizustellen. Neben weiteren Regelungen zu Dienstfahrzeug und Mobiltelefon enthält der Vertrag unter Ziff. 8. folgende "Abschlussklausel": "Es wird erklärt, dass gegenseitig keine Forderungen mehr bestehen".
Mit Schreiben vom 25.9.2007, dem Beklagten zugegangen am 30.9.2007, erklärten die Gesellschafter der Klägerin die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses. Durch Anwaltsschreiben vom 19.10.2007 ließen sie mitteilen, der neu eingesetzte Geschäftsführer habe überraschend festgestellt, dass der Beklagte während seiner Tätigkeit Entgelt für "Leitungsbereitschaft" i.H.v. jedenfalls 95.507,99 EUR (Arbeitgeber-Brutto) bezogen habe. Ein Rechtsgrund dafür sei nicht gegeben. Die Rechtsanwälte forderten den Beklagten auf, den genannten Betrag zurückzuzahlen und Auskunft über sämtliche Zahlungen von Bereitschaftsentgelt während seiner Geschäftsführertätigkeit zu erteilen.
Der Beklagte hat gegen die Klägerin Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung bei dem ArbG Cottbus erhoben (Az.: 5 Ca 1780/07). Die Klägerin hat bei dem LG...