Verfahrensgang
LG Erfurt (Urteil vom 27.10.2021; Aktenzeichen 1 HK O 2/21) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 27.10.2021, Az. 1 HK O 2/21, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung, dass sein Angestelltenverhältnis als Geschäftsführer nicht durch die am 10.08.2020 ausgesprochene fristlose Kündigung beendet worden ist sowie ausstehende Gehälter. Er hat die Klage zunächst vor dem Arbeitsgericht Erfurt anhängig gemacht. Das Arbeitsgericht Erfurt hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Erfurt - Kammer für Handelssachen - verwiesen. In der Klage sind als Vertreter der Beklagten deren Geschäftsführer genannt. An diese wurde die Klage zugestellt. Die Prozessbevollmächtigten sind im Klageverfahren nur für diese aufgetreten, eine Mandatierung des Aufsichtsrates für das Verfahren liegt nicht vor. Der Aufsichtsrat der Beklagten hat das Auftreten der Geschäftsführung als Vertreter der Beklagten ausdrücklich nicht genehmigt und ist nicht in den Rechtsstreit eingetreten. Mit Schriftsatz vom 01.03.2021 hat der Kläger das Rubrum seiner Klage dergestalt berichtigt, dass die Beklagte durch die Geschäftsführung und den Aufsichtsrat vertreten werde.
Laut § 12 der Satzung der Beklagten vom 06.02.2017 wurde für diese ein Aufsichtsrat bestellt. In § 15 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5 der Satzung ist folgendes geregelt:
"(1) Der Aufsichtsrat überwacht die Tätigkeit der Geschäftsführung in entsprechender Anwendung des § 111 AktG. Er kann die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie die Vermögensgegenstände, namentlich die Gesellschaftskasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren, einsehen und prüfen. Er kann damit auch einzelne Mitglieder oder für bestimmte Aufgaben besondere Sachverständige beauftragen.
(2) Für die Tätigkeit des Aufsichtsrats, seine Rechte und Pflichten sowie die Beschlussfassung gelten die Vorschriften des AktG entsprechend, soweit diese Satzung keine anderen Regelungen trifft.
(5) Der Aufsichtsart entscheidet über die
- Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer, Vertretung der Gesellschaft in Prozessangelegenheiten gegen den Geschäftsführer
- Zustimmung zu den unter § 11 des Vertrages fallenden Geschäften."
In § 3 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Aufsichtsrates vom 24.06.2021 ist folgendes geregelt:
"Die Berufung und Abberufung von Geschäftsführerinnen, die Regelung der Dienstverhältnisse, die Entscheidung über die Bestellung von Prokuristen obliegt der Gesellschafterversammlung."
§ 3 Abs. 4 der Geschäftsordnung regelt folgendes:
"Gemäß § 15 Abs. 5 der Satzung entscheidet der Aufsichtsrat über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer; Vertretung der Gesellschaft in Prozessangelegenheiten gegen den Geschäftsführer und über die Zustimmung zu den unter § 11 der Satzung fallenden Geschäften."
Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe ihm gegenüber einen erheblichen medialen Druck aufgebaut, er habe sich nichts vorzuwerfen, dennoch sei ihm fristlos gekündigt worden. Die Klage sei zulässig, da die Beklagte derzeit wirksam durch die Geschäftsführung vertreten werde.
In § 15 Abs. 5 der Satzung sei eine von § 112 AktG abweichende Regelung getroffen worden. Der Aufsichtsrat entscheide lediglich über die Prozessvertretung. Dies entspreche der Regelung in § 46 Nr. 8 GmbHG. Im Zusammenhang mit § 46 Nr. 8 GmbHG sei es gefestigte Rechtsprechung, dass die Gesellschaft durch die Geschäftsführung vertreten werde, solange die Gesellschafterversammlung von ihrem Recht nach § 46 Nr. 8 GmbHG keinen Gebrauch gemacht habe, was hier der Fall sei. Die Beklagte verstoße gegen Treu und Glauben. Es sei rechtsmissbräuchlich, dass die Beklagte einer Rubrumsberichtigung nicht zustimme und geltend mache, die bisherige Prozessvertretung sei nur in Vollmacht der Geschäftsführung erfolgt, weshalb sich der Aufsichtsrat die bisherige Prozessführung nicht zu eigen machen könne. In der Satzung sei keine zwingende Vertretung durch den Aufsichtsrat vorgesehen, vielmehr sei § 15 Abs. 5 der Satzung direkt § 46 Nr. 8 GmbHG nachgebildet. Es gebe keinen sachlichen Grund, dass der Aufsichtsrat die bisherige Prozessführung nicht genehmige, da sich die Beklagte in der Sache bisher nicht eingelassen habe. Nach § 15 Abs. 5 der Satzung müsse der Aufsichtsrat zwingend eine Entscheidung über die Vertretung treffen. Nach § 46 Nr. 8 GmbHG sei damit die neue Geschäftsführ...